Die goldene Bulle

[188] Die goldene Bulle, heißt überhaupt eine kaiserliche Verordnung mit einem goldenen Siegel; insbesondre aber dasjenige Grundgesetz des Deutschen Reichs, das Kaiser Carl der vierte i. J. 1356, auf zwei nach einander gehaltenen Reichstagen zu Nürnberg und zu Metz, mit Zuthun der Churfürsten und zum Theil mit Zuziehung des ganzen Reichs, errichtet hat. Jeder Churfürst hat damahls eine Original-Ausfertigung davon erhalten; der Stadt Frankfurt hat man ebenfalls ein authentisches Exemplar gegeben, das noch jetzt jedem Fremden daselbst gezeigt wird. Der Hauptzweck der goldenen Bulle war, die Kaiserwahl [188] und was damit in Verbindung stand so viel als möglich auf sichere Bestimmungen zu setzen; welcher Zweck auch fast völlig erreicht ist, da diese Vorschriften der goldenen Bulle sich größten Theils bis auf den heutigen Tag im Gebrauch erhalten haben. Außerdem war eine Hauptabsicht dabei, dem damahligen Unwesen des Faustrechts Einhalt zu thun, womit man jedoch noch nicht zum Zweck kommen konnte. Bei dem genauern Studium dieses Reichs-Grundgesetzes kann man sich schwer enthalten, Carl den IV. der Parteilichkeit wider Baiern und für Sachsen Wittenberg zu beschuldigen.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 188-189.
Lizenz:
Faksimiles:
188 | 189
Kategorien: