Emerich Graf von Tököly (Teckeli)

[191] Emerich Graf von Tököly (Teckeli), der Sohn eines der angesehensten Großen von Ungarn, geboren 1656, wurde schon früh von seinem Vater, Stephan von Tököli, der als eifriger Lutheraner sich bei der Verschwörung in Ungarn 1670 großen Verfolgungen ausgesetzt, und sogar seiner Güter großen Theils beraubt sah, heimlich weg und nach Pohlen geschickt. 1671 ging er nach Siebenbürgen zu dem Fürst Apaffy, der, obgleich anfangs ziemlich streng, ihn dennoch 1677 mit einem ansehnlichen Heere den [191] Malcontenten in Ungarn zu Hülfe schickte, ja nach des Grafen Wesselini Todte es durchsetzte, daß jene ihn zum Oberhaupte wählten. Feierlich gelobte Tököly, nicht eher zu ruhen, als bis er sein Vaterland dem Joche der Deutschen würde entrissen haben. Und wirklich waren die zeitherigen Bedrückungen des armen Ungarns, welches Kaiser Leopold als ein erobertes Land mit unmenschlicher Strenge behandelte, hinreichend, um diese große Revolution zu bewirken. Tököly brach mit immer mehr sich verstärkender Armee auf, eroberte mehrere Festungen, besetzte die Bergstädte, und ließ sich durch die vom jungen Wesselini erregten Unruhen keineswegs irre machen. In Verbindung mit der Ottomannischen Pforte, die ihm ihre Hülfe selbst antragen ließ, setzte er den Krieg gegen den Kaiser fort; ja, nachdem die ihm zugethauen Stände ihm gehuldigt hatten, übernahm er die Regierung der Ungarischen Gespannschaften. – Auch die Liebe begünstigte ihn im hohen Grade, indem ihm die verwitwete Fürstin Ragotzi, die reichste und mächtigste Erbin im ganzen Königreich, nach vielen Hindernissen, endlich doch (1682) zu Theil ward. Dennoch fing seit 1684 sein Glück an zu wanken. Nachdem das von den Türken belagerte Wien 1683 entsetzt worden, verlor er entscheidende Schlachten gegen die Kaiserlichen; die Türken selbst, treulos genug, nahmen ihn (1685) gefangen; das Heer der Malcontenten wurde zerstreut: und ob er gleich, bald wieder auf freien Fuß gestellt, nun durch einen Aufruf die Ungarn wieder an sich zu ziehen suchte, auch mit einem zusammengebrachten Corps von 9 bis 10,000 Mann einige Vortheile erkämpfte, so hatten doch die kaiserlichen Waffen überall zu viel Glück, und Tököly blieb fast nichts, als die einzige Festung Mongatsch, worin sich seine Gemahlin, seine Schätze und der Kern der Truppen befanden, übrig; aber auch diese mußte sich, da er von den mißtrauischen Türken fast gezwungen wurde, mit nach Constantinopel zu gehen, unter sehr harten Bedingungen 1687 übergeben. Aufs neue wieder vom Sultan Soliman unterstützt, und in dem Titel eines Fürsten von Ungarn bestätigt, nahm zwar Tököly, nachdem die Kaiserlichen (1690) von den Türken aus der Wallachei getrieben worden, [192] das ihm nach des Apaffy Todte vom Großsultan übertragene Fürstenthum Siebenbürgen förmlich in Besitz, wobei er den kaiserlichen General Heußler total schlug und gefangen bekam (den er nachher erst gegen seine Gemahlin austauschte); allein auch dieß Glück verschwand schnell wieder, denn der Prinz Louis von Baden nahm ihm plötzlich alles wieder ab. So unaufhörlich den Launen bald der Pforte, bald des Schicksals preis gegeben, bald bei Passarowitz (1694) arretirt, bald wieder mit dem Titel eines Fürsten von Widdin beehrt, brachte Tököly seine letzte Lebenszeit bey Nicomedia auf einem Landgute zu, wo er endlich 1705 ein Leben endete, dessen erster Eintritt allerdings einen großen Held und Befreier seines Vaterlands versprach. Sein schönes Ansehen und einnehmendes Betragen, seine Würde, seine Kenntnisse berechtigten allerdings zu einem glücklichern Erfolg seiner ruhmvollen Bemühungen für sein Vaterland, das denn doch in der Folge in ihm den Wiederhersteller seiner alten constitutionsmäßigen Freiheit verehren müßte.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 191-193.
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