Horace Walpole Graf von Orford

[375] Horace Walpole Graf von Orford, (nicht ein berühmter Englischer Staatsmann und Gelehrter, der sich sowohl als einen witzigen Kopf, als auch als einen vorzüglichen Literator bekannt machte, war 1718 geboren, und starb 1797. Er war der jüngste Sohn des nachfolgenden Robert Walpole, und von 1741 bis 1761 zu vier verschiedenen Mahlen Mitglied des Unterhauses in London, wo er eine unbestechliche Festigkeit behauptete. Er beschloß aber nachher seine politische Laufbahn, und widmete sich ganz der gelehrten Geschichte, legte auch in seinem Landhause bei London eine eigne Druckerei an, wo er theils seine, theils fremde Schriften drucken ließ, die er aber nie verkaufte, sondern bloß verschenkte. Er besaß eine vorzügliche Kenntniß von Anekdoten aus der scandalösen Chronik aller Höfe und großer Städte Europens, besonders von dem Englischen Hofe unter Georg I. und II. hatte auch in seinem Landhause eine besondere Bibliothek von allen seit Georgs I. Regierungsantritt (1714) in England gedruckten Schriften, bis auf die kleinsten Flugschriften. Seine vorzüglichsten und besonders in England mit großem Beifall aufgenommenen Schriften sind: 1) ein Verzeichniß aller Englischen Fürsten und Pairs, die Schriftsteller[375] gewesen sind; ein Werk, welches viele sonderbare Anekdoten und witzige Bemerkungen enthält; 2) eine Beschreibung der im Walpolischen Familiensitze zu Houghton in Norfolk befindlichen Merkwurdigkeiten, und besonders der Gemählde; (Diese Gemähldesammlung kaufte in der Folge die Kaiserin von Rußland.) 3) Anekdoten über die Mahlerei in England, und 4) das Schloß von Ortraut, ein Geisterroman, der 1765 erschien, und zu den nachherigen vielen Geisterromanen in England die Veranlassung gab. Einen Theil dieser Schriften hat Aug. Wilh. Schlegel aus den Englischen Originalen übersetzt, und unter dem Titel: Historische, literarische und unterhaltende Schriften von Horatio Walpole, Leipzig 1800, 8. herausgegeben.