[508] Übergabe heißt im Allgemeinen eine Handlung, wodurch der Besitz von Sachen verändert wird, indem sie Einer dem Andern förmlich und absichtlich überliefert. Man bedient sich dafür auch des vom Lateinischen hergenommenen Ausdrucks Tradition und nennt es gerichtliche Übergabe, wenn dieselbe unter Beaufsichtigung oder Leitung eines Gerichts vor sich geht, was bei der Übergabe von Grundstücken nach deutschem Rechte immer geschehen muß. Das Gericht stellt darüber eine besondere Urkunde, den Lehnbrief, Währbrief oder Schötebrief, aus, durch welche die Vollendung der Veräußerung bezeugt wird, und erst durch die Übergabe gelangt der Erwerber in den eigentlichen Besitz des neuen Eigenthums, obgleich schon seit Abschluß des Kaufs Gefahr und Vortheil für seine Rechnung gingen. Indeß geschieht die Übergabe nicht immer in der Wirklichkeit, sondern mitunter blos sinnbildlich durch Überlieferung der Schlüssel eines Hauses oder eines Spahns aus der Thürschwelle desselben, sowie mittels eines Zweigs von den Bäumen oder einer Erdscholle vom Boden des betreffenden Grundstücks. Die Übergabe von Festungen und Städten (s. Capitulation) pflegt ebenfalls von Überreichung der Thorschlüssel begleitet zu sein.