Arbeitshäuser

[109] Arbeitshäuser sind Anstalten, in welchen arbeitslose Menschen zu jeder Zeit gegen einen angemessenen Lohn oder gegen Verpflegung Beschäftigung finden. Da, wie schon das Sprichwort sagt, Müßiggang aller Laster Anfang ist, so haben von jeher solche Anstalten höchst vortheilhaft gewirkt. Vor der Unterstützung der Armen durch Almosen haben sie den großen Vorzug, daß sie nicht blos augenblickliche Armuth lindern, sondern dieselbe auch für die Zukunft abwenden, indem sie den Verarmten vor Müßiggang schützen und den der Arbeit bereits Entwöhnten wieder an Thätigkeit gewöhnen. Der Aufenthalt in solchen Anstalten ist entweder ein freiwilliger oder ein gezwungener, weshalb man sie in sogenannte freiwillige oder Armen- und in Strafarbeitshäuser oder Correctionsanstalten eintheilt. Wohleingerichtete Armenarbeitshäuser gewähren in der Regel den Armen ein gesundes Local und im Winter Heizung und Licht, ohne ihnen von ihrem Verdienste dafür Abzüge zu machen; Männer und Frauen arbeiten in gesonderten Zimmern und die Kinder, um der nöthigen Aufsicht willen, in der Nähe der Ältern. Zwar sorgt das Institut fortwährend für die den örtlichen und persönlichen Verhältnissen angemessenen Arbeiten; doch gestattet man auch den Arbeitenden, ihre Arbeit mitzubringen, in jedem Falle aber müssen sie sich der Beaufsichtigung unterwerfen, weil nur der Fleißige die Vortheile der Anstalt genießen soll. Wie wohlthätig zweckmäßig eingerichtete Anstalten dieser Art für die Gesundheit, Reinlichkeit und Sittlichkeit der darin Aufgenommenen wirken, bestätigt die Erfahrung in allen den Staaten, welche sich deren zu erfreuen haben. Die Strafarbeitshäuser dienen dazu, um Bettler, Trunkenbolde oder andere sittlich verwahrloste Personen zu einer nützlichen Thätigkeit zu gewöhnen und von ihren Untugenden zu heilen. Hier findet aber kein freiwilliger, sondern ein gezwungener Aufenthalt statt; zwar erhalten die Sträflinge Alles, was zum nothwendigen Lebensunterhalte gehört, allein sie werden zur Arbeit gezwungen, ohne auf den Lohn derselben Anspruch zu haben. Nur als Belohnung des Besserwerdens wird ihnen zuweilen ein Theil ihres Verdienstes überlassen; auch richtet sich nach ihrem Betragen der Grad der Strenge, mit welchem sie verwahrt und behandelt werden. Damit die in diese Anstalten aufgenommenen Handwerker ihr Gewerbe nicht verlernen, verschafft man ihnen Gelegenheit, dasselbe fortzutreiben; im Übrigen aber beschäftigt man die Sträflinge mit Handarbeiten, sowol in- als außerhalb der Anstalt. Besonders heilsam wirkt, außer der Gewöhnung an Arbeit und den guten Folgen der Thätigkeit überhaupt, der Sparpfennig, welcher Denen, die aus der Anstalt entlassen werden, verabreicht wird, indem man dadurch verhütet, daß sie nicht die Noth gleich wieder dem Laster zuführt. Eines der am Musterhaftesten eingerichteten Strafarbeitshäuser ist das zu Detmold im Fürstenthume Lippe.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 109.
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