Börse

[300] Börse nennt man ein öffentliches Gebäude oder bestimmte Plätze in Handelsstädten, wo sich die Kaufleute und Mäkler zu gewissen, meist von Ankunft und Abgang der Posten abhängigen Stunden an den Wochentagen versammeln, um sich über Handelsgeschäfte aller Art, insbesondere aber über Wechsel- und Staatspapiergeschäfte zu besprechen und die Curse (s.d.) zu bestimmen. Die ersten Zusammenkünfte dieser Art sollen zu Brügge in Flandern im Hause der Familie van der Beurse gehalten worden und darnach benannt worden sein; nach Andern fanden sie zuerst in Amsterdam in einem Hause statt, das über der Thüre ein Schild mit drei Beuteln oder Börsen führt. An allen nur einigermaßen bedeutenden Handelsplätzen werden dergleichen Versammlungen, und an mehren, z.B. zu London, Amsterdam und Paris, in prächtigen, Palästen ähnlichen Gebäuden gehalten. Die Einrichtung einer Börse ist gewöhnlich durch besondere Ordnungen oder Statuten geregelt und nach örtlichen Bedürfnissen verschieden, gewöhnlich ist aber ein eigner Börsensecretair oder Buchhalter angestellt, welcher über die Vorfälle auf der Börse Protokoll zu führen hat, deshalb förmlich beeidigt wird und dessen Auszüge aus den Protokollen volle Beweiskraft haben. Ihm zur Seite steht ein Unterbedienter, Börsenschließer, welcher für Ordnung und Reinlichkeit im Gebäude zu sorgen und dasselbe zur gehörigen Zeit zu öffnen und zu schließen hat. Als beaufsichtigende Behörde werden gewöhnlich aus der Kaufmannschaft und der städtischen Obrigkeit eine Anzahl Mitglieder gewählt und wenn nicht besondere örtliche Beschränkungen festgesetzt sind, so darf jeder unbescholtene Mann die Börse besuchen; auch findet dort unter den verschiedenen Kaufleuten völlige Gleichheit der Rechte statt. Verbrechen und Vergehen, namentlich Diebstähle, Betrügereien und Injurien, welche auf der Börse vorfallen, werden oft härter bestraft, als sonst, da die Börse in gewisser Beziehung als ein geweihter Ort betrachtet wird, und noch jetzt kann nach den Gesetzen vieler Börsen Niemand dort Schulden halber verhaftet werden. Ausgeschlossen vom Börsenbesuche sind muthwillige Bankrottirer, überwiesene Betrüger und gerichtlich erklärte Verschwender. Die hamburger Börsenhalle ist ein großes, von Gerhard van Hostrup im J. 1802 erbautes Gebäude in der Nähe der Börse, in welchem sich Geschäftsleute aller Art und Fremde versammeln, die hier die Zeitungen und für den kaufmännischen Verkehr wichtige Neuigkeiten aus allen Theilen der Welt finden; auch erscheint daselbst mit mehren Zeitschriften die für den Handelsstand wichtige »Abendzeitung«, früher »Liste der hamburger Börsenhalle«.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 300.
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