Camera obscura

Camera obscura
Camera obscura

[370] Camera obscura, finstere Kammer, heißt in den optischen Wissenschaften jeder eingeschlossene Raum, in welchen nur durch eine sehr enge Öffnung Licht von außen gelangen kann.

Befindet sich dieser Öffnung gegenüber eine weiße Fläche, so erscheint auf derselben ein matt erleuchtetes buntes, jedoch verkehrtes Bild der äußern Gegenstände, weil sich die von denselben ausgehenden Lichtstrahlen, wie die Abbildung versinnlicht, in der Öffnung durchkreuzen müssen.

Das Bild fällt am deutlichsten aus, wenn die äußern Gegenstände von der Sonne beschienen werden und noch mehr Lebhaftigkeit erhält es, wenn ein convex oder erhaben geschliffenes Glas in die Öffnung gebracht wird. Die ältesten Einrichtungen dieser Art kamen im 16. Jahrh. zu Stande und befanden sich in Zimmern; später wendete man aber die denselben zum Grunde liegenden Gesetze auf kleinere und verschieden geformte Räume an, wodurch man tragbare finstere Kammern und zugleich ein bequemes Mittel zur Aufnahme von Gegenden u.s.w. erhielt. Man nimmt z.B. einen pyramidenförmigen, inwendig geschwärzten Kasten, bringt die Öffnung mit dem convexen Glase oben in demselben an und über dem Glase einen Spiegel, der um seine wagerechte Achse bewegt und daher in jede beliebige schräge Lage gegen das Glas gebracht werden kann. Dieser Spiegel empfängt das Licht von den vor ihm befindlichen [370] Gegenständen, reflectirt oder strahlt es auf das convexe Glas zurück, durch welches nun auf dem angemessen davon entfernten, mit weißem Papier bespannten Boden des Kastens ein deutliches Bild der vom Spiegel aufgenommenen Umgebungen hervorgebracht wird. Soll dieses nachgezeichnet werden, so muß der Kasten an der Seite, nach welcher der Spiegel gewendet ist, geöffnet werden können, damit der Zeichner Gesicht und Hand in denselben bringen und mit dichten Vorhängen verdeckt, seine Arbeit vornehmen kann.

Noch bequemer ist die Camera clara, d.h. helle Kammer, auch der graue Zeichner genannt, welche aus einem viereckigen Kasten A besteht, der an seiner Vorderseite eine runde Öffnung hat, in der ein kurzes, hin und her bewegliches Rohr (a) und am Ende desselben das convexe Glas angebracht ist, durch welches die Lichtstrahlen (OP) von äußern Gegenständen auf den im Innern befindlichen schrägen Spiegel (EE) fallen und von diesem nach dem darüber befindlichen, mattgeschliffenen Glase b zurückgestrahlt werden, das durch einen Schirm (X) vor fremdem Lichte geschützt wird und auf dem nun ein Bild erscheint, das leicht auf durchsichtiges Papier durchgezeichnet werden kann. – Camera lucida heißt ein in England erfundenes, noch einfacheres Instrument zu ähnlichen Zwecken, welches aus einem kleinen gläsernen, vierseitigen Prisma besteht, dessen vordere und obere Fläche einen rechten, die beiden ihnen gegenüberliegenden aber einen stumpfen Winkel bilden, und das wagerecht an seiner Achse befestigt ist. Fällt nun Licht von einem Gegenstande auf die Vorderfläche, so. dringt es nach der untern Hinterfläche, die es nach der angrenzenden zweiten und diese nach der obern zurückstrahlt, sodaß dem darüber gehaltenen Auge die Gegenstände in verjüngtem Maßstabe auf einem unter das Prisma gelegten weißen Papiere deutlich sich darstellen und dort bequem abgezeichnet werden können.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 370-371.
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