Catilina

[391] Catilina (Lucius Sergius), der Abkömmling einer patricischen Familie, hat eine traurige Berühmtheit durch die Verschwörung erhalten, welche er 63 v. Chr. gegen den röm. Staat anstiftete. Als Jüngling nahm er an dem Bürgerkriege zwischen Marius und Sylla Theil, indem er auf des Letztern Seite stand, der mit ihm die gemachte Beute theilte und war ganz von dem verdorbenen Geiste der damaligen Jugend Roms beseelt, die nur nach Reichthümern trachtete, um diese schwelgerisch zu verprassen, und da sie auf rechtliche Weise nichts erwerben konnten, sich entweder in Ämtern durch Erpressung oder als Theilnehmer an bürgerlichen Unruhen durch Plünderung der Reichen zu verschaffen suchte, was ihre Lüste begehrten. Ohne Gewissen, jeder Schandthat gewachsen, dabei kühn, zungenfertig, galt C. jedes Mittel zu diesem Zwecke gleich. In seiner Jugend hatte er sein Vermögen vergeudet, dann die als Proconsul in Afrika erpreßten Schätze bald verthan; man sprach laut davon, daß er nicht allein mit einer Vestalin Verständnisse unterhalten, sondern sogar seine Frau und seinen Sohn ermordet habe, weil sie einer zweiten Heirath im Wege standen. So mit sich selbst zerfallen und von einer ungeheuern Schuldenmasse gedrückt, verbündete er sich mit einer Menge Leute, die in ähnlicher Lage waren, um sich durch ihre Hülfe zum Consul wählen und zum Herrn Roms machen zu lassen. Er versprach ihnen dafür die Vernichtung ihrer Schulden und Plünderung der Reichen, und seine Einverständnisse mit mehren Feldherren in den Provinzen und den alten Anhängern Sylla's schienen ihm den gewünschten Erfolg zu sichern. Allein da sein Plan bekannt geworden, wurden Cicero nebst C. Antonius zu Consuln gewählt, indem alle Wohldenkende zusammen hielten, die Wahl des C. zu hintertreiben. Desto eifriger dachte dieser nun auf Gewalt, ließ Waffenvorräthe zusammenbringen, und Manlius, einer der Verschworenen, warb die ehemaligen Soldaten Sylla's und anderes Volk in Hetrurien an, um den Ausbruch der Verschwörung in Rom durch ein Heer zu unterstützen. Indessen hatte Cicero von Allem Nachricht erhalten, und nahm seine Maßregeln, die Verschwörung zu unterdrücken. Zwei Verschworene, die bei einem Morgenbesuch ihn ermorden wollten, fanden seine Thüre verschlossen, und der von der Gefahr des Staats unterrichtete Senat ertheilte ihm Vollmacht, jedes Mittel [391] zur Rettung desselben zu ergreifen. C. erfuhr zwar, daß seine Absichten bekannt seien, war aber so keck, in Rom zu bleiben und sogar in der Senatsversammlung zu erscheinen, in welcher Cicero über seine Entdeckungen Bericht abstatten wollte. Der Anblick des Verbrechers bewog den Consul, eine donnernde Rede gegen ihn zu halten, in welcher er ihm rieth, die Stadt zu verlassen und die Larve abzuwerfen. C. folgte diesem Rathe und eilte zum Manlius ins Lager, Cicero aber, der indessen schriftliche Beweise wider C. in die Hände bekommen hatte, ließ die vornehmsten Verschworenen in Rom festnehmen und im Gefängnisse hinrichten. Dann sandte er ein Heer zur Bekämpfung des C. aus, der, von allen Seiten eingeschlossen, nach hartnäckigem Widerstande im Jan. 62 v. Chr. mit seinen Anhängern im Treffen bei Pistoja umkam.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 391-392.
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