[565] Dictator ward im Alterthume im röm. Freistaate eine außerordentliche, mit fast unbeschränkter Gewalt bekleidete obrigkeitliche Person genannt, welche in dringenden Lagen des Staats, z.B. bei innern Unruhen, großen Kriegen u.s.w., jedoch nur immer auf ein halbes Jahr an die Spitze desselben berufen wurde. Die Ernennung eines Dictators erfolgte auf Verlangen des Volkes oder Senats durch einen der Consuln, die zwar ihre Amtsverrichtungen fortsetzten, allein seinen Befehlen unterworfen waren; alle andere Staatsämter, die der Volkstribunen ausgenommen, hörten dagegen mit der Ernennung eines Dictators auf. In und außerhalb der Stadt Rom hatte der Dictator ein Gefolge von 24 Lictoren mit Fasces (s.d.) und Beilen und war nur darin beschränkt, daß er Italien nicht verlassen, in Rom kein Pferd besteigen und über die Staatseinnahmen nicht willkürlich verfügen, sowie nach Niederlegung seines Amtes zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Zuweilen wurde auch zu gewissen feierlichen Geschäften, z.B. zur Anordnung öffentlicher Spiele, Veranstaltung von Comitien oder Volksversammlungen u.s.w. ein Dictator ernannt; meist legten dieselben noch vor Ablauf des Halbjahrs ihre Würde, die Dictatur, nieder und nur Wenige behaupteten sie längere Zeit. Von Dictator abgeleitet heißt dictatorisch so viel wie unbedingt gebietend und man nennt daher Machtsprüche, welche der Gründe und des Beweises entbehren, auch misbilligend dictatorische Aussprüche. – Im ehemaligen deutschen Reiche hieß Dictatur die gesetzlich bestimmte Art, wie etwas zur Kunde des Reichstags gebracht und den Reichstagsacten einverleibt oder Gegenstand der Berathung wurde; ebenso wird beim deutschen Bundestage unter Dictatur die Vertheilung der gedruckten Protokolle verstanden und man nennt loco dictaturae oder als Handschrift drucken das Vervielfältigen von solchen Verhandlungen und Staatsschriften, welche nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur zur Mittheilung an bestimmte Personen sich eignen.