Epikur

[674] Epĭkur, ein alter griech. Philosoph, geb. im 4. Jahrh. v. Chr. Geburt bei Athen, ward von Jugend auf von einem heißen Trieb nach Wissen beseelt. Er durchforschte die Dichter seines Volkes, hörte dessen berühmteste Philosophen, bereiste fremde Länder und eröffnete endlich zu Athen im 36. Lebensjahre selbst eine philosophische Schule, der es schnell gelang, Anhänger in Menge sich zu gewinnen. Von Gott und Welt lehrte er, der Stoff des Weltgebäudes sei ewig, ohne Anfang und Ende, bestehend theils aus einem unermeßlichen Raume, theils aus unendlich kleinen körperlichen Theilchen, welche, um und durcheinander sich bewegend, durch Zusammenstoßen, Verbindung und Trennung alle Körper im Weltall bildeten und auch die Seele sei etwas Körperliches. Wie die jetzige Welt durch die Bewegung und Vereinigung jener kleinen Theilchen (Atome) sich gebildet habe, so werde sie auch wieder zerfallen und dann eine neue hervorgehen; das göttliche Wesen aber ruhe in ungestörter, ewiger Seligkeit im Gefühl seines Glückes, kümmere sich aber weder um die Welt, noch um das Geschick der Menschen, deren höchstes Gut das Wohlsein sei; jedoch nicht, weil das Gute um seiner selbst willen geübt werden solle, müsse der Mensch das Laster meiden und der Tugend leben, sondern seines eignen Wohlbefindens wegen habe der Mensch die Pflicht auf sich, mäßig, nüchtern, rechtschaffen, friedfertig und weise zu denken und zu handeln. Er selbst übte diese Tugenden, die er seinen Schülern empfahl, und gelangte zu einem Alter von 72 Jahren; bald aber ward seine Lehre vom Wohlsein, als dem höchsten Gute, dahin gedeutet, daß der Mensch nur dem Genusse und dem Vergnügen nachjagen müsse, da er nicht wissen könnte, wie lange sein Leben währen werde; daher noch bis heute unter einem Epikuräer ein solcher Genußmensch, sei es nun ein feinerer oder gröberer, verstanden wird, der das Leben auf Erden nur anwendet, um jede Art von Lust bis auf den Grund auszukosten. – Von E.'s Schriften kannten wir früher nichts, als was in andern alten Schriftstellern von ihm selbst, seinen Lehren und Werken uns erzählt wurde; in [674] neuern Zeiten ist eins seiner Werke in Herculanum aufgefunden worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 674-675.
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