Francke

Francke

[77] Francke (Aug. Herm.), war der Sohn des Domsyndikus F. zu Lübeck und wurde am 23. März 1663 zu Lübeck geboren.

Als Schüler auf dem Gymnasium zu Gotha zeichnete er sich so aus, daß er schon im 14. Jahre für die Universität hinlänglich vorbereitet war, und nachdem er sich in Erfurt, Kiel und Leipzig dem Studium der Theologie gewidmet hatte, hielt er als Privatdocent in Leipzig mit großem Beifall Vorlesungen. Aber die Theologen feindeten ihn so an, daß er 1690 seine Stellung bei der Universität aufgab, Um eine Predigerstelle in Erfurt anzunehmen. Seine echt christlichen, vom Geiste der Liebe und Frömmigkeit beseelten Kanzelvorträge fanden so allgemeine Theilnahme, selbst bei den Katholiken, daß der Kurfürst von Mainz. welcher damals Herr von Erfurt war, die katholische Religion durch F. gefährdet glaubte und ihm daher schon im nächsten Jahre nach seinem Amtsantritte den Befehl zukommen ließ, binnen 24 Stunden die Stadt zu verlassen. F. folgte einem Rufe nach Halle zum Professor bei der dasigen Universität und wurde später Pastor an der Kirche der Vorstadt Glaucha vor Halle. Von nun an war der Segen Gottes auf eine wahrhaft wunderbare Weise mit F., dessen eifrigstes Streben dahin ging, dem wahren Wohle der Menschen auf die uneigennützigste und großartigste Art zu dienen. Er wurde der Stifter der berühmten, weit ausgedehnten F.'schen Stiftungen, einer Schul- und Erziehungsanstalt in der Vorstadt Glaucha. Festes Vertrauen auf Gott gab ihm den Muth, mit den geringsten Mitteln an die Ausführung seines großen Plans zu gehen und ihn mit unerschütterlicher Beharrlichkeit zu Ende zu führen. Die ganze Unterrichtsanstalt bestand anfangs nur in ihm, dem Lehrer und einigen armen Schülern, die er unterrichtete und unterstützte. Bald aber fanden sich Menschen, welchen es Freude machte, das segensreiche Unternehmen zu unterstützen. Im J. 1695 wurde das Gymnasium gegründet, welches noch jetzt unter dem Namen des Pädagogiums besteht, und 1698 wurde der Grund zum Waisenhause gelegt. Von allen Seiten kamen Geldbeiträge, die wichtigste Stütze für das Unternehmen wurden aber gewisse Arzneimittel, zu welchen ein Chemiker auf dem Sterbebette F. die Recepte mitgetheilt hatte und die so allgemeine Abnahme fanden, daß sie der Stiftung ehemals jährlich 30–40,000 Thlr. einbrachten. Außer einer eignen Apotheke erhielten die F.'schen Stiftungen auch eine eigne Buchhandlung. Alle diese Stiftungen bestehen noch jetzt in ihrer ganzen Ausdehnung und haben noch manche Erweiterung und Verbesserung erfahren. Nachdem sich ihre Einkünfte vermindert haben, sind sie durch die Staatskasse unterstützt worden. Sie bestehen gegenwärtig aus einer Erziehungsanstalt für Waisen (Knaben und Mädchen), mit welcher eine Erziehungsanstalt für Knaben verbunden ist, die eine geringe Pension bezahlen, einem Gymnasium, einer [77] Bürgerschule, einer Realschule, einer Freischule und dem Pädagogium, welches eine Erziehungsanstalt und ein Gymnasium für Söhne bemittelter Ältern ist. Wichtige Theile der F.'schen Stiftungen sind noch die Canstein'sche Bibelanstalt (s. Canstein) und die Missionsanstalt für Ostindien. Das ganze Gebäude bietet einen imposanten Anblick dar und hat die herrliche, ganz den freudigen Glaubensmuth seines Stifters aussprechende Inschrift (Jesaias 40, 31.):


»Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln, wie die Adler«.


Der Platz vor dem Waisenhause ist der Frankensplatz genannt worden. F. starb am 8. Jun. 1727. Er war ein Mann voll der wahrsten, thätigsten Frömmigkeit, der nur für sein göttliches Werk, seinen Beruf als Prediger und Universitätslehrer und für die Wissenschaften lebte, die er mit schätzbaren Werken bereicherte. Er war so fest und beharrlich, wie mild, voller Freundlichkeit und in seinen Sitten edel und unbefangen. Den würdigsten Schmuck haben seit 1828 die F.'schen Stiftungen in der bronzenen Bildsäule F.'s erhalten, welche von dem berühmten Bildhauer Rauch gearbeitet und vor dem Pädagogium am Ende der Straße, welche die Stiftungsgebäude bilden, aufgerichtet worden ist.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 77-78.
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