[440] Impfen, Einimpfen, lat. Inoculiren, bezeichnet im Allgemeinen die absichtliche und künstliche Übertragung eines Ansteckungsstoffes von einem thierischen Körper auf den andern. Vorzugsweise nennt man aber Impfen die künstliche Ansteckung mit Kuhpocken- oder Schutzpockenlymphe, welche in der Absicht unternommen wird, durch sie vor der Ansteckung durch das Menschenblatterngift zu schützen. In früherer Zeit, bevor die segensreiche Entdeckung, daß die Kuhpocke gegen die Menschenblattern schütze, gemacht war, verimpfte man den Ansteckungsstoff der echten Menschenblatter selbst, weil künstlich angesteckte Personen die echten Menschenpocken in geringerm Grade bekamen und leichter überstanden als Andere – ein Verfahren, welches zuerst durch die Lady Montague (eine Engländerin) aus dem Orient nach Europa gebracht wurde, gegenwärtig aber durch die Kuhpockenimpfung ganz verdrängt worden ist. Bei dieser bedient man sich entweder frischer Lymphe (vom Euter der Kuh oder von Arm zu Arm), oder angetrockneter Lymphe oder auch in seltenern Fällen des Schorfes. Die Impfung mit frischer Lymphe ist die vorzüglichste, die der noch ganz wasserhellen Lymphe, welche man entweder von dem Euter einer Kuh oder dem Arme eines mit Kuhpockenlymphe Geimpften zwischen dem 6.–9. Tage (von dem Tage der Impfung an gerechnet) entnimmt, wird mittels einer besondern Impfnadel, Lanzette oder eines Bistouri (eines Messers) übertragen, indem man dem zu Impfenden (dem Impflinge), nachdem man sich vorher von seiner Gesundheit überzeugt hat, eine gewisse Anzahl kleiner Stich- oder Schnittwunden auf den Oberarm beibringt, die jedoch nur die Oberhaut verletzen, also nicht zu tief eindringen und gar nicht oder nur sehr unbedeutend bluten dürfen. Kann man keine frische Lymphe erhalten, so muß man sich eingetrockneter bedienen, welche sich aus der zu diesem Zwecke gesammelten und aufbewahrten Lymphe gebildet hat. Nachdem man die trockene Lymphe etwas angefeuchtet hat, bedient man sich ihrer ebenso wie der frischen. Den aufbewahrten Schorf der Blatter wendet man auf gleiche Weise an. Nicht immer gelingt die Impfung, indem zuweilen entweder gar keine Pockenpusteln zum Vorschein kommen oder die sich entwickelnden Pocken unecht sind und unregelmäßig verlaufen. In beiden Fällen gewährt die Impfung keinen Schutz gegen die Menschenblattern und muß mit besserer Lymphe, sorgfältiger und unter günstigern Gesundheitsumständen des Impflings wiederholt werden. Zu größerm Schutze hat man auch eine zweckdienliche Wiederholung der Impfung vorgeschlagen. Wie den Ansteckungsstoff der Pocken, so hat man auch den des Masern- und Scharlachausschlags auf Gesunde überzutragen gesucht, in der Absicht, durch künstliche Erzeugung dieser Krankheiten einen mildern Verlauf derselben herbeizuführen und zu diesem Zwecke das aus kleinen in die Masern- und Scharlachflecke gemachten Einschnitten hervortretende Blut benutzt, doch scheint dieses Verfahren nur, wenn bösartige Masern- oder Scharlachepidemieen grassiren, empfehlenswerth. (Vgl. Jenner und Kuhpocken.)