Impfen (Medicin)

[412] Impfen (Medicin), das Verfahren, den Stoff einer ansteckenden Krankheit, besonders der Hautkrankheiten, durch eine oder mehrere kleine künstliche Wunden in die Säftemasse des Körpers zu verpflanzen, und so durch Erzeugung einer milden Form der Krankheit vor den verheerenden Folge der bösartigern Epidemieen zu[412] schützen. Als die Blattern noch in ihrer verderblichen Kraft wütheten, ward die Inoculation oder Einimpfung des natürlichen Blattergiftes aus dem Oriente nach Europa verpflanzt (s. Blattern) und sehr verbreitet. Allein, war die Lymphe nicht von milden Formen des Uebels entlehnt, so kostete dieß noch viele Opfer. Da trat der Wohlthäter des Menschengeschlechts, der edle Jenner aus Berkeley in England, auf, und lehrte uns die von ihm durch Zufall entdeckte Impfung der Kuhpocken, die Vaccination. Sie ist die Ursache der immer steigenden Bevölkerung und die Staaten bleiben ihm, wie die Einzelnen, ewig verpflichtet. Man sehe nur die jetzige Generation, die Schönheit, Gesundheit und ungetrübte Sinneskraft derselben, und gedenke der Halberblindeten, der zerrissenen Züge, und läugne die Wohlthat. Man glaubt zuweilen, daß die Impfung kränklich mache, dieß ist aber nur bei schlechter Impfung der Fall. Die Blattern haben Abarten, die Kuhpocken ebenfalls, natürlich also ist es, daß die Impfung nicht gegen jede Pockenart schützen kann. Die Abarten sind aber meistens gefahrlose Uebel. Ueber die Zeit des Einimpfens sind die Meinungen verschieden, und meist kann man die Zeit nicht erwarten, impft im ersten Vierteljahre, was nicht gut sein kann, da man die Narben bei so frühzeitig Geimpften später kaum sieht, dagegen bei den nach dem ersten Lebensjahre Geimpften die Stelle bis in's hohe Alter sichtbar bleibt. Es wechselt die Natur des Kindes zu sehr im ersten Jahre, und wenigstens würde bei zeitiger Impfung eine später zu erneuende nothwendig werden. (S. Kuhpocken.).

D.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 412-413.
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