[493] Jeremīas, der zweite unter den großen Propheten, war der Sohn des Priesters Hilkia aus Anathoth, wo er als Jüngling im 13. Jahre des Königs Josias weissagend auftrat. Seine Lebenszeit fiel in die verhängnißvolle Periode, wo das schwache, innerlich zerrüttete Reich Juda abwechselnd unter der Herrschaft der beiden Großmächte Babylonien und Ägypten seufzte. I. bemühte sich, durch weisen Rath den Untergang seines heißgeliebten Vaterlandes aufzuhalten, doch wurde ihm dies von seinen verderbten Zeitgenossen mit Undank, ja mit Kerker und Mordanschlägen gelohnt. Auf den Betrieb der von ihm bitter getadelten Großen wurde er in einen scheußlichen Kerker geworfen, aus dem ihn erst der Sieger Nebukadnezar befreite, worauf er zu Mizpa den völligen Untergang seines Vaterlands herannahen sah; später aber, von den Umständen gedrängt, dem zurückgebliebenen Reste des Volks auf der von ihm widerrathenen Flucht nach Ägypten folgte, wo er wahrscheinlich sein Leben beschlossen hat. Sein den Zeitraum eines halben Jahrhunderts (628–570 v. Chr.) umfassendes Buch enthält theils einheimische, theils auswärtige Weissagungen und Geschichten. In den »Klageliedern« betrauert er die Verheerung Jerusalems. Tiefe Trauer und Wehmuth, der sich nur selten eine heitere Aussicht in die Zukunft öffnet, sind in demselben die vorherrschenden Empfindungen.