Kosacken

Kosacken

[652] Kosacken oder Kasacken werden die zahlreichen Völkerstämme genannt, welche an den südl. und östl. Grenzen Rußlands leben und zur Bewachung dieser Grenzen dienen, daher eine durchgängig militairische Einrichtung haben und keine Schatzung bezahlen.

Kazak heißt im Türkischen ein Räuber, im Tatarischen ein leichter herumschweifender Soldat, und von diesem Worte haben die Kosacken wahrscheinlich den Namen. Entstanden sind dieselben wahrscheinlich aus Abenteurern und Gesindel, welches aus verschiedenen Gegenden Rußlands zusammenlief, um an den Grenzen im Kriege gegen die Tataren Beute zu machen. Weil diese Leute eine wohlfeile Grenzbewachung abgaben, so wurden sie von der russ. Regierung begünstigt und erhielten eine große Anzahl von Vorrechten, welche jedoch 1804 bedeutend eingeschränkt worden sind. Die Sprache der Kosacken ist die russische, ihre Religion das griech. russ. Christenthum. Nach Verfassung und Abstammung unterscheidet man namentlich zwei Hauptstämme, von denen jeder wieder eine Anzahl von Nebenstämmen hat. Die kleinrussischen oder malorossischen Kosacken sind der rohere Stamm, zu welchem die saporogischen Kosacken oder Haydamaken, von allen die wildesten, gehören. Gebildeter sind die donischen Kosacken. – Man rechnet die Zahl der Krieger auf 700,000 Männer, welche vom 18. bis zum 50. Jahre kriegspflichtig sind; doch kann man nur etwa auf 100,000 Mann rechnen, welche im russ. Heere dienen können, indem nur etwa 300,000 Mann überhaupt in Dienst und [652] von diesen zwei Drittheile mit dem inneren Dienste beschäftigt sind. Die don. Kosacken bilden die leichteste Art von Cavalerie im russ. Heere und sind fast ganz unregelmäßige Truppen. Strenger ist die Verfassung der kleinruss. Kosacken. Die Kosacken kennen unter sich keinen Adel. Jeder Bezirk bildet ein Regiment oder einen. Pulk, das unter einem von ihnen erwählten Hetman oder Ataman steht. Alle unter diesem stehenden Anführer haben keinen sie auszeichnenden Rang. Kur Oberbefehlshaber aller Corps heißt gleichfalls Hetman und wird von der Regierung in seiner Würde bestätigt, kann auch nur mit Einwilligung derselben entsetzt werden. Die Hetmans erhalten fortwährend Sold von der Regierung, die gemeinen Kosacken nur während sie im Dienste sind. Die Pferde, welche die Kosacken reiten, sind klein, dürr und unansehnlich, aber sehr schnell, dauerhaft und gut abgerichtet. Die Kleidung der Kosacken ist polnisch oder orientalisch, übrigens willkürlich; ihre vorzüglichste Waffe eine 10–12 F. lange Pike, mit welcher sie sehr geschickt umzugehen wissen und die oft mit einen kleinen Fähnchen geschmückt und stets mit einem Riemen zum Anhängen versehen ist. Außerdem haben sie Säbel, Flinten oder Pistolen, oder statt dessen Pfeil und Bogen. Ein aus Leder geflochtener Kantschu dient ihnen zum Regieren der Pferde. Im Kriege suchen sie in kleine Haufen zertheilt durch kurze Angriffe den Feind in Verwirrung zu bringen, fliehen eben so schnell als sie ankommen und erneuern diese Angriffe wo möglich so lange, bis sich der feindliche Heerhaufen zu zerstreuen beginnt, dann setzen sie mit großer Schnelligkeit nach und richten durch die Gewandtheit, mit der sie ihre Pferde und ihre Waffen handhaben, großen Schaden an. Jeder Pulk pflegt zwei oder mehre seidene, gewöhnlich mit Heiligenbildern gezierte Fahnen zu haben, um welche sie sich wieder sammeln, nachdem sie im Angriffe und auf der Flucht sich zerstreut haben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 652-653.
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