Wort

[753] Wort. Nur dem Menschen ist das eigenthümliche Vermögen gegeben, die Töne, welche seine Brust ausstößt, mittels der Sprachwerkzeuge gliedern oder articuliren zu können. Solche articulirte Töne nun, deren jeder aus vom Ohre leicht zu unterscheidenden Theilen oder Gliedern besteht, die sich daher auch in diesen mittels der Buchstabenschrift für das Auge darstellen lassen und die irgend eine innere Thätigkeit verlautbaren, sind alle Wörter, wie der Gebrauch die Mehrzahl von Wort gebildet wissen will, wenn sie blos der Zahl nach in Betracht kommt und die Wörter ohne Zusammenhang sind, während im entgegengesetzten Falle, wenn sie zusammen eine Vorstellung ausdrücken, Worte zu sagen ist. Als Theile einer zusammenhängenden Rede werden sie dann auch genauer als Redetheile (s.d.) unterschieden. Die ersten Wörter waren durch eine Empfindung, eine Anschauung, ein Vernehmen hervorgerufene Naturlaute, die z.B. Ton und Klang eines damit bezeichneten Gegenstandes nachahmten, wie das etwa in den Ausdrücken für Donner, lat. tonitru, engl. thunder, pers. tunder, anklingt. Allmälig kamen zu jenen Naturlauten künstliche hinzu und so lernte man nicht blos Dinge bezeichnen, welche klanglos auftreten, sondern auch der sinnlichen Wahrnehmung Unzugängliches und blos Gedachtes durch Wörter ausdrücken. (S. Sprache.) So ward das Wort zum Träger und Bewahrer der Gedanken und zum Vermittler alles geistigen und lebendigen Verkehrs der Menschen. Die Ableitung der Wörter erforscht die Etymologie (s.d.). – Zuweilen braucht man Wort auch gleichbedeutend mit Versprechen und Zusage, wie in dem Sprüchworte: Ein ehrlicher Mann hält sein Wort. Der Ausdruck wortführend bedeutet mitunter soviel wie den Vorsitz haben und regierend, z.B. in Städten, wo zwei Bürgermeister jährlich im Vorsitze abwechseln. – Das Wort haben heißt in zahlreichen Versammlungen, auch in den Kammern der Abgeordneten, soviel wie berechtigt sein, zur Versammlung zu sprechen, wie der Ordnung wegen nur der Reihe nach geschehen soll. Sagt man aber von Jemand, er wolle etwas nicht Wort haben, so bedeutet Das, er wolle davon nichts wissen, es nicht einräumen. – Die Worterklärung kann blos die Bedeutung eines Wortes genauer angeben und ist dann Namenerklärung oder grammatische und lexikalische Erklärung, wie sie in sprachlichen Wörterbüchern zu finden sind: z.B. Kreis, eine durchaus gleichförmige krumme Linie. Real- oder Sacherklärung wird sie, wenn sie den von einem Worte bezeichneten Begriff selbst erläutert, wie: der Kreis ist eine in sich selbst zurücklaufende Linie, welche überall gleich weit von ihrem Mittelpunkte entfernt ist. Danach ergibt sich von selbst der Unterschied, welcher zwischen einem Wörterbuche oder Lexikon, d.h. einer nach der Buchstabenfolge oder auch nach ihrer Abstammung geordneten Sammlung von Wörtern einer Sprache mit Erklärungen in derselben oder den entsprechenden Ausdrücken in einer oder mehren andern besteht, wenn man es als bloßes Sprachwörterbuch oder als Realwörterbuch bezeichnet. Zu den letztern gehören auch die Wörterbücher, welche in alphabetischer Ordnung [753] von den in einer Kunst oder Wissenschaft allein vorkommenden Gegenständen, Ausdrücken und Personen handeln, wie z.B. Krug's »Allgemeines Handlexikon der philosophischen Wissenschaften nebst ihrer Literatur und Geschichte« (2. Aufl., 5 Bde., Lpz. 1832–38). Ebenso gibt es geographische, historische Gelehrtenlexika u.a.m. Gegenstände aus allen Wissenschaften behandeln nach der Buchstabenfolge geordnet die encyklopädischen Wörterbücher. (S. Encyklopädie.) – Unter Wortspiel wird eine Zusammenstellung und Verbindung von Wörtern verstanden, welche bei Ähnlichkeit des Lautes dennoch verschiedene und vielleicht gar völlig entgegengesetzte Bedeutung haben. (S. Calembourg.) – Unter dem Worte Gottes wird die heilige Schrift oder Belehrung verstanden, welche Gott den Menschen durch Offenbarung zu Theil werden ließ; allein man spricht auch von einem innern, welches durch Vernunft und Gewissen zu den Menschen gelangt. – Wortklauberei heißt es, wenn bei Auslegungen und Erklärungen nur auf spitzfindige Erläuterung der Worte und nicht auf die aus dem Zusammenhange hervorgehende Auffassung Rücksicht genommen wird. – Worträthsel sind die Charaden und Logogriphen. (S. Räthsel.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 753-754.
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