Läuse

[705] Läuse heißen flügellose Insekten von graubrauner oder auch weißer Farbe, deren abgeplatteter, an seinen Rändern mit einer lederartigen Haut bekleideter Körper in der Mitte durchsichtig ist. Man unterscheidet an ihnen einen gesonderten, kleinen, eirunden oder dreieckigen Kopf, der an seinem vordern Theile mit einer fleischigen Warze versehen ist, die wieder einen kleinen Saugrüssel enthält, ferner zwei fadenförmige, kurze, aus fünf Gliedern bestehende Fühler und zwei kleine runde Augen, ein beinahe viereckiges Bruststück, einen eirunden oder länglichrunden Bauch, sechs gleich lange, kurze und dicke Füße und männliche und weibliche Geschlechtstheile. Die Läuse zeichnen sich durch eine außerordentliche Fruchtbarkeit aus und legen ihre unter dem Namen Nisse bekannten Eier auf die Haare und Kleidungsstücke. Die drei Arten von Läusen, welche den Menschen heimzusuchen pflegen, sind die Kopflaus, die Kleiderlaus und die Filzlaus. Alle leben von dem Blute, welches sie mittels ihres Rüssels einsaugen, den man indeß nur bemerkt, wenn er in Thätigkeit ist. Was die Kopfläuse anlangt, so verlassen sie von selbst nie den behaarten Theil des Kopfs, werden aber nichtsdestoweniger sehr leicht von einer Person auf die andere übertragen. Mit Unrecht hat man Unreinlichkeit und verschiedene Krankheiten der Kopfhaut, namentlich den sogenannten Kopfgrind, als Ursachen ihrer Entstehung betrachtet, doch begünstigen jene allerdings ihre Vermehrung, wenn sie irgendwo aufgelesen worden sind. Günstig zu ihrer Vermehrung sind auch die mannichfaltigen irrigen Ansichten, welche über das Vorhandensein von Läusen noch hier und da im Volke herrschen, so z.B. durch die sonderbare Meinung, daß Kinder, welche viel Läuse haben, ganz besonders gesund seien, daß diese Insekten das schlechte Blut einsaugen u.s.w., Ansichten, die ihre Vertilgung als gewagt oder gar nachtheilig erscheinen lassen. Eine große Menge von Läusen verursacht ein höchst lästiges Jucken und Fressen und bei Kindern deshalb wol auch Schlaflosigkeit und eine gewisse nervöse Aufregung; Fälle aber von an Läusen Gestorbenen, wie man deren bei einzelnen wenig zuverlässigen Schriftstellern aufgeführt findet, dürften wol zu den Fabeln gehören. Zur Vertilgung der Kopfläuse reicht es meist hin, die Haare fleißig und sorgfältig zu kämmen oder, wenn dies nicht helfen will, sie gradezu abzurasiren. Außerdem leisten auch noch verschiedene Waschungen gute Dienste gegen dieselben. Die Kleiderläuse kommen am häufigsten bei Personen vor, die sich in Wolle kleiden, die Wäsche selten wechseln und sonst unreinlich sind, erzeugen sich in den Falten der Wäsche und Kleidungsstücke, verbreiten sich von da auf die bedeckten Theile des Körpers, den Stamm und die Gliedmaßen, selten jedoch auf den Kopf, und sind, wo sie sich einmal eingenistet haben, fast nicht auszurotten. Die Anwesenheit dieser Gattung von Läusen, zuweilen in ekelerregender Menge, ist es, was man vorzugsweise mit der Benennung: Läusesucht bezeichnet hat. Ob aber eine wirkliche Läusekrankheit (lat. Phthiriasis), bei welcher sich aus der Säftemasse des Körpers in und unter der Haut von selbst Läuse erzeugen sollen, stattfinde, ist mehr als zweifelhaft, obschon die Geschichte berichtet, daß König Herodes, der Römer Sykla, König Philipp II. von Spanien und Andere an der Läusekrankheit gestorben seien. Die Filzlaus ist etwas kleiner als die vorigen, weißlich von Farbe, verursacht ein fast unerträgliches Jucken, haftet in der Regel sehr fest an der Haut, über welche sie kaum hervorragt und kommt nie an dem behaarten Theile des Kopfs, am gewöhnlichsten dagegen an den Wurzeln der Schamhaare, zuweilen auch an denen des Bartes, der Augenbrauen, der Achselhöhlen oder auch an andern Stellen des Körpers, die mit Haaren bewachsen sind, vor.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 705.
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