Läuterung

[706] Läuterung ist dasjenige ordentliche Rechtsmittel, wodurch derselbe Richter, in dessen Namen das Urtheil gesprochen wurde, zur nochmaligen Prüfung und demgemäßen Abänderung desselben aufgefodert wird. Im Gegensatz zu den Devolutivrechtsmitteln, welche die Sache an einen andern, einen höhern Richter bringen, nennt man es ein bloßes Suspensivrechtsmittel, weil es weiter keine Wirkung hat, als das Beschreiten der Rechtskraft vorläufig aufzuhalten, zu suspendiren. Es ist rein deutschen Ursprungs, wie schon der Name andeutet, welcher von dem Worte läutern oder klar machen herzuleiten ist und schon den Hauptzweck dieses Rechtsmittels, eine nochmalige genaue Auseinandersetzung [706] der streitigen Verhältnisse, andeutet. Dieses Rechtsmittel fand hauptsächlich in die sächs. Gesetzgebung Eingang und wurde von dieser mit vieler Sorgfalt und Liebe weiter ausgebildet. Doch wandte man sich in neuern Zeiten auch, in Sachsen wenigstens bei den Gerichten erster Instanz, wieder davon ab und ließ es nur ausnahmsweise in den höhern Instanzen noch bestehen, wo die collegialische Besetzung der Gerichte, die Übertragung der Sache an andere Personen, als den Verfasser des ersten Urtheils möglich machte und deshalb diesem Rechtsmittel mehr Erfolg versprach, als wenn demselben Richter die Umfassung seines eignen Urtheils zugemuthet werden mußte, wie solches in der Regel bei denen mit Einzelrichtern besetzten Untergerichten der Fall war. Nur in Bergsachen und vor dem leipziger Handelsgerichte ließ man dieses Rechtsmittel noch bestehen. Die gegen ein Läuterungserkenntniß von Neuem eingewendete Läuterung nennt man Oberläuterung. Der Gebrauch derselben ist aber noch mehr beschränkt. Von dem Verfahren bei der Läuterung gilt, insoweit die eigenthümliche Natur derselben nicht widerstreitet (z.B. in Bezug auf den Devolutiveffect) ganz Dasselbe wie bei der Appellation (s.d.).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 706-707.
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