[335] Okeănos wird in der Fabellehre der alten Griechen ein Meergott (s. Meer) genannt und für den ältesten Sohn des Uranus und der Gäa, d.h. des Himmels und der Erde, also für den ältesten von den Titanen ausgegeben. O. umfloß die Erdscheibe und hinter ihm senkte sich nach allen Seiten. der Himmelsbogen herab; an dem Streite der Titanen wider ihren Vater und Jupiter nahm er keinen Theil und wurde deshalb auch nicht mit jenen in den Tartarus verwiesen. Seine Schwester Tethys war zugleich seine Gattin, mit der er die vornehmsten Flüsse und die Okeaniden, eine Art Meernymphen, erzeugte, deren Anzahl auf mehr als 3000 angegeben wird und die auf Delphinen und andern Seethieren, auch mit Fischschwänzen, sowie geschmückt mit Muscheln, Seegras, Perlen u. dergl. abgebildet werden. O. heißt auch Vater der Götter und Menschen, weil auf Erden Alles aus dem Wasser hervorgegangen, und wird als bärtiger alter Mann mit kurzen Hörnern, einen Stab oder Scepter in der Hand, auf einem Seethiere oder einem von Seethieren gezogenen Wagen dargestellt, in welchem letztern Falle Tethys zuweilen neben ihm sitzt. Fortuna (s.d.) ward von den Alten ebenfalls für eine Tochter des O., d.h. des unbeständigen, bald Glück, bald Unglück bringenden Meeres, ausgegeben.