Pressgesetze

[560] Pressgesetze sind gesetzliche Bestimmungen über die Art Und Weise, wie in einem Staate die Buchdruckerpresse oder ähnliche Mittel zur Veröffentlichung von Gedanken und Meinungen benutzt werden dürfen. Sie enthalten daher Vorschriften wegen Beaufsichtigung der Druckereien und des Buchhandels, zur Verhinderung und Bestrafung der Umgehung der Büchercensur, wo diese besteht, und über die Ausübung [560] derselben, sowie die Bedingungen der Verantwortlichkeit, unter denen in einem Staate Preßfreiheit. d.h. daß Jeder Alles drucken lassen kann, was er vertreten zu können glaubt, gestattet ist, sammt den Strafen, mit welchen die Verletzung jener Bedingungen (d.h. der Misbrauch der Preßfreiheit und dadurch begangene, sogenannte Preßvergehen) bedroht sind. Es soll damit die Beeinträchtigung der Würde und Zwecke des Staates, sowol an sich als in seinem Oberhaupte und seinen Behörden, sowie die Kränkung der Rechte von Gesammtheiten von Personen und von Einzelnen verhütet oder doch jedenfalls bestraft, auch den Gekränkten nach Befinden Entschädigung zu Theil werden. Das ist nun nicht mehr als billig, denn wer z.B. Schmähungen oder Auffoderungen zur Empörung gedruckt verbreitet, ist eigentlich noch straffälliger als Jemand, der dies nur mündlich thut; allein die genauer gefaßten Ansichten von Dem, was unter Preßvergehen zu verstehen sei, sind sehr verschieden und werden allerdings von dem Bildungszustande der Bewohner der verschiedenen Staaten wie von ihren Regierungsverfassungen mannichfach bedingt. Nach den von Völkern europ. Bildung durchlaufenen Zuständen scheint die Preßfreiheit nur mit einem hohen Grade von Aufklärung und sittlicher Reise vereinbar, deren kräftigste Stütze sie dann aber auch abgibt, indem durch sie die Wahrheit erst im ungetrübten Glanze hervortritt und öffentliche Tugenden zur vollen Anerkennung gelangen. Daher hat bei Völkern, welche den Nutzen der Preßfreiheit einmal kennen lernten, die Censur nur von der Gewalt wiederhergestellt werden können, und in Frankreich hatte der Versuch zur Unterdrückung der Preßfreiheit 1830 zunächst die Julirevolution zur Folge. In Betreff der deutschen Bundesstaaten verspricht zwar der 18. Artikel der Bundesacte: »Die Bundesversammlung wird sich bei ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreiheit beschäftigen«; gleichwol wurde die in einigen Staaten nach dem Sturze der Napoleonischen Herrschaft eingeführte Preßfreiheit wieder aufgehoben und ein 1819 vom Bundestag einstweilen auf fünf Jahre beschlossenes Preßgesetz machte die Censur für alle Schriften unter 20 Bogen bundesgesetzlich und verordnete noch besonders eine Bundestagscommission, nach deren Gutachten Schriften aus jedem deutschen Bundesstaate vom Bundestage durch unwiderruflichen Beschluß unterdrückt werden können. Jenes provisorische Preßgesetz wurde 1824 auf unbestimmte Zeit bis zur Vereinigung über ein definitives verlängert und 1831 auf östr. Antrag durch einen Bundesbeschluß wiederholt, dessen Beobachtung eingeschärft, sowie die erwähnte und damals nicht mehr vollzählige Bundestagscommission wieder ergänzt. (S. Censoren.) Dabei ward aber doch in den nach 1830 in mehren deutschen Staaten nun zu Stande gekommenen Verfassungen, die sachsen-altenburg. ausgenommen, noch entschiedener als in den ältern Preßfreiheit versprochen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 560-561.
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