[394] Censoren (die) gehörten zu den ältesten obrigkeitlichen Beamten des alten Roms, und ihre vornehmsten Pflichten waren die Volkszählung, die Verzeichnung des Geschlechts und Vermögens der Bürger, die Bestimmung der Abgaben eines Jeden und die Aufsicht über die Sitten. Sie wurden anfänglich auf fünf, später auf ein Jahr gewählt, als aber den üppigen Römern diese Sittenrichter lästig wurden, blieb ihr Amt einige Zeit unbesetzt und endlich legten sich nach dem Beispiele des Kaisers Augustus (s.d.) auch mehre seiner Nachfolger diese Würde bei. In neuerer Zeit werden unter Censoren die von Seiten der Regierungen mit der Büchercensur beauftragten Beamten verstanden, von welchen nach vorgängiger Prüfung die Erlaubniß zum Drucke einer Schrift nach Befinden verweigert und ertheilt wird, daher man im letztern Falle auch sagt, sie habe die Censur passirt oder das Imprimatur erhalten, weil die Censoren häufig mit diesem lat. Worte die Druckerlaubniß bescheinigen. Bald nach Erfindung der Buchdruckerkunst ward eine Censur der Druckschriften zuerst von den Päpsten [394] angeordnet, die leicht erkannten, welche Gefahr von dieser neuen Art, Ideen zu verbreiten, dem ohnedies schwankend gewordenen Ansehen der Kirche drohe; Papst Leo X. aber machte es 1515 den Bischöfen und Inquisitoren zuerst zur Pflicht, alle Schriften vor dem Drucke zu prüfen und die Bekanntmachung ketzerischer Meinungen zu hindern. Als jedoch in Folge der Reformation diese päpstliche Verordnung in vielen Ländern nicht mehr beobachtet wurde, suchte man sich wider die dort gedruckten etwa gefährlichen Schriften durch noch in neuester Zeit erfolgte Bekanntmachung von Verzeichnissen solcher Bücher zu schützen, die den Katholiken bei Kirchenstrafe zu lesen verboten waren und welche Verzeichnisse den lat. Namen Indices librorum prohibitorum führen. Die heftigen Schmähschriften, welche durch die in Folge der Reformation entstandenen kirchlich-politischen Streitigkeiten hervorgerufen wurden, schienen jedoch auch das Eingreifen der weltlichen Macht zu fodern, welche nun ebenfalls den von den Päpsten eingeschlagenen Weg betrat und die Druckereien strenger Aufsicht unterwarf. Seit 1529 ergingen in dieser Hinsicht wiederholt Reichsgesetze, auch ward 1648 im westfälischen Frieden bestimmt, daß die Regierungen keine Schmähungen der verschiedenen Religionsparteien dulden sollten, was auch die Kaiser seitdem in ihrer Wahlcapitulation versprachen und worüber in denen Leopold II. und Franz II. noch festgesetzt ward, »daß keine Schrift gedruckt werden solle, welche mit den symbolischen Büchern beider Religionen und mit den guten Sitten nicht vereinbar sei, oder wodurch der Umsturz der bestehenden Verfassung und Störung der öffentlichen Ruhe befördert werde«. Obgleich nun die Censur im Allgemeinen nach diesen Grundsätzen ausgeübt wurde, war die Anwendung derselben doch sehr abweichend, und in den meisten protestantischen Ländern erhielten einzelne Schriftsteller und gelehrte Zeitschriften leicht Censurfreiheit, welche außerdem manche wissenschaftliche Institute und die ordentlichen Professoren der Universitäten oft als Vorrecht besaßen. Dessenungeachtet konnte aber vor Aufhören des deutschen Reichs im J. 1806 innerhalb desselben nirgend allgemeine Censurfreiheit eingeführt werden, weil diese gegen die Reichsgrundgesetze gewesen wäre, und mit dem später vorherrschenden franz. Einflusse war sie ebenfalls unverträglich. Nach Aufhören desselben ward aber in mehren deutschen Staaten, in Nassau 1814, in Weimar 1816, in Würtemberg 1817, in Baiern 1818, im Großherzogthum Hessen 1820 die Censur abgeschafft und die Verhütung des Misbrauches der Presse durch sehr voneinander abweichende Preßgesetze (s.d.) beabsichtigt. Schon in der deutschen Bundesacte war jedoch die Abfassung gleichförmiger Verfügungen über Preßangelegenheiten festgesetzt worden, und diese erfolgten auch durch die in Folge der karlsbader Beschlüsse anfänglich auf fünf Jahre gefaßten, später auf unbestimmte Zeit verlängerten Bundesbeschlüsse vom 20. Sept. 1829, durch welche für Schriften unter 20 Bogen und für Zeitschriften die vorgängige Censur zum Bundesgesetz gemacht wurde. Dessenungeachtet herrscht in der Handhabung derselben große Verschiedenheit, und in Ostreich, Preußen, Baiern dürfen z.B. in andern deutschen Ländern gedruckte Schriften nicht ohne Bewilligung der Censurbehörde verkauft werden, wie das auch in Rußland mit ausländischen Schriften der Fall ist. Auch in andern europ. Staaten bestand die Büchercensur, hat aber in mehren, zuerst 1694 in England, aufgehört, wo seitdem der Druck keiner Schrift mehr gehindert werden kann, und sie ist ferner seit 1809 in Schweden und seit 1815 in den Niederlanden grundgesetzlich aufgehoben. In Frankreich geschah dasselbe 1789 durch die Nationalversammlung, allein schon 1803 ward den Buchhändlern durch Bonaparte zur Pflicht gemacht, kein Buch auszugeben, ohne es einer Prüfungscommission vorgelegt zu haben, 1810 aber stellte ein kais. Decret die Censur völlig wieder her. Ludwig XVIII. versprach bei seiner Rückkehr Preßfreiheit, und für Schriften über 20 Bogen blieb auch seitdem die Censur aufgehoben, wurde aber für kleine Schriften und Zeitungen mehrmals wieder eingeführt und beseitigt, bis nach der Juliusrevolution durch die revidirte Charte ihre Wiederherstellung untersagt ward. Übrigens bestehen in allen diesen Ländern Verantwortlichkeit der Schriftsteller, Buchhändler und Buchdrucker und besondere Bestimmungen über die Herausgabe von Zeitschriften, worüber die geltenden Preßgesetze das Nähere besagen.