Rhetorik

[698] Rhetorik heißt nach dem Griechischen die Theorie der Redekunst oder die Anweisung zur Ausübung derselben. (S. Beredtsamkeit und Rede.) Sie lehrt die Regeln kennen, nach denen im Allgemeinen die Gedankenmittheilung durch die Sprache zweckmäßig vor sich geht, sowie die besondern Grundsätze, welche bei Abfassung eigentlicher Reden, historischer Werke, sowie von Abhandlungen, Lehrbüchern, Briefen und Gesprächen zu beobachten sind. – Rhetorisch heißt im guten Sinne so viel wie rednerisch und was in Verbindung mit der Redekunst steht, sodann aber auch allzu rednerisch oder überladen in Bezug auf den rednerischen Schmuck eines Vortrags. – Rhetoren hießen in Griechenland in der frühern Zeit alle öffentliche Redner, später aber, sowie in Rom, die Lehrer der Redekunst, welche auch wol Reden verfaßten, jedoch darum nicht selbst als Redner auftraten. Sie waren zugleich Grammatiker, worunter die Alten keineswegs bloße Sprachlehrer, sondern Gelehrte verstanden, welche Unterricht in allen den Dingen ertheilten, die zum verständigen Lesen von Schriften gehören. Sie lehrten nicht blos Sprachen und die Redekunst, sondern auch Dichtkunst, Geschichte, manche sogar Philosophie, und bei den Griechen gehörte der Besuch ihrer Schulen zur Ausbildung der Staatsmänner. Aus Rom sind die daselbst lehrenden griech. und lat. Rhetoren mehrmals vertrieben worden, weil ihre Art zu unterrichten nicht der Sitte der Vorfahren entsprach, bevor sie unter den Kaisern öffentlich angestellt und besoldet wurden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 698.
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