Teleologie

[381] Teleolŏgie nennt man das Streben nach einer Erkenntniß Gottes und einer göttlichen Weltordnung, insofern es sich auf die innere Zweckmäßigkeit der Welt in ihrem natürlichen Dasein stützt. Man hat in dieser dem menschlichen Verstande anschaulichen Zweckmäßigkeit einen Beweis für das Dasein Gottes zu finden gemeint, welchen man den teleologischen genannt hat. Da die teleologische Betrachtung auf der Voraussetzung beruht, daß der göttliche Geist in der Welt sich durch Zweckmäßigkeit offenbare, und dadurch der menschliche endliche Verstand, welcher in seiner Ausbildung die Erkenntniß jener Zweckmäßigkeit ist, dem göttlichen Geiste gleichgestellt wird, so hat die neuere Philosophie die Teleologie als dem göttlichen Geiste unwürdig und als bloße Scheinerkenntniß verworfen; denn es ist klar, daß der endliche Verstand ein sehr untergeordnetes Erkenntnißvermögen ist, welches von einem Begriffe des Geistes Gottes in seinen Erscheinungen weit entfernt bleibt. Die teleologische Betrachtungsweise setzt Gott zu einem nicht um seiner selbst willen, sondern zu Erreichung endlicher Zwecke wirkenden Wesen herab, während eine tiefere philosophische Erkenntniß ebensowol wie eine wahrhaft religiöse Anschauung Gottes diesen als ein Wesen erscheinen läßt, das einzig um seiner selbst willen thätig ist, dessen Zwecke also weit über die Endlichkeit hinaus in seine eigne ewige Wesenheit fallen. Die auf die Erkenntniß Gottes gerichtete Vernunft hat den endlichen Verstand zu übersteigen und zu überwinden, anstatt ihn, wie in der Teleologie geschieht, zum Organ der Erkenntniß zu machen.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 381.
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