[626] Vormund heißt eine vom Staate in besondere Pflicht genommene Person zu rechtlicher Vertretung und Leitung Solcher, die dessen für sich allein und gesetzlich nicht fähig sind. Ein solcher Auftrag wird Vormundschaft, Tutel, Curatel, Derjenige, für welchen er übernommen wird, Mündel, Schützling, Pflegling, Pupillus genannt. Vormünder werden gegeben oder bestellt für älternlose Unmündige (daher Altersvormünder), auch für noch im Mutterleibe von väterlicher Seite verwaiste; für Personen, welchen der volle Gebrauch ihres Verstandes oder einzelne Sinne abgehen, wie das bei Blödsinnigen, Wahnwitzigen, Tauben und Stummen der Fall ist; ferner erklärten Verschwendern, zur Vertretung der Interessen Abwesender (Abwesenheitsvormünder); dem weiblichen Geschlecht (daher Geschlechtsvormünder genannt) zum Schutze gegen das stärkere, welche Bevormundung jedoch viele Gesetzgebungen nicht kennen. Der Vormund ist verpflichtet, für seine Pflegebefohlenen wie für eigne Kinder zu sorgen, ihre leibliche und geistige Erziehung zu leiten, deren Vermögen zu bewahren und zu vermehren, der Obrigkeit, von welcher er bestellt wurde, zu bestimmten Zeiten Rechnung abzulegen und bei Niederlegung seines Amtes das Vermögen auszuliefern, für welches er und seine Erben dem Mündel hinsichtlich jeden Schadens oder Nachtheils haften müssen. Zur Führung von Vormundschaften ist Jeder fähig, der sich selbst vertreten kann und nicht 60 Jahre alt ist; im Besondern wird aber darauf gesehen, daß der Vormund ein rechtschaffener, nach Verhältnissen einsichtiger Mann und nicht ohne Eigenthum sei. Unfähig zur Uebernahme einer Vormundschaft sind Gläubiger oder Schuldner, sowie Stiefväter der Unmündigen, Personen, von denen ein Concurs zu besorgen ist u.s.w. Zunächst erfolgt die Bestellung oder sofern eine geeignete Person schon vorhanden ist, die Bestätigung (Verpflichtung) des Vormundes von dem Gericht, unter welchem die Vormundsbedürftigen stehen. Diesem muß derselbe auch Rechnung ablegen und wird von ihm, als dem Obervormunde, beaufsichtigt. Gewöhnlich ist dies eine Behörde erster Instanz und bei der die Oberaufsicht der Vormundschaftssachen führenden Behörde zweiter Instanz besteht häufig eine besondere Abtheilung als Vormundschaftsstube oder -Collegium, auch Pupillencollegium, oder eine solche Behörde ist ausschließlich dazu eingerichtet.