Warmbrunn

[654] Warmbrunn, der unweit Hirschberg in Schlesien in einem breiten, fruchtbaren, wohlangebauten Thale, 1500 Fuß über dem Meere an dem nördl. Abhange des Riesengebirges reizend gelegene Badeort, hat 2000 Einw. und berühmte Schwefelquellen, welche kaum 100 Fuß voneinander aus Spalten eines grobkörnigen Granits entspringen, an Gehalt und Temperatur nur wenig voneinander verschieden sind und angeblich von Herzog Boleslaw IV. im J. 1175 beim Verfolgen eines Hirsches entdeckt worden sein sollen. Der hohen Lage wegen ist das Klima daselbst im Ganzen rauh, die Witterung sehr veränderlich, der Sommer kurz. Nichtsdestoweniger sieht W. jährlich eine Menge Curgäste, deren Zahl schon über 1500 betragen hat. Die Heilquellen gehören in die Classe der alkalisch-salinischen Schwefelthermen, sind vollkommen hell und durchsichtig, von bläulich-grünlicher Farbe, machen viele Blasen und setzen auf dem Boden einen schwärzlichen Niederschlag ab; frisch geschöpft haben sie einen weichlich faden, schwefeligen, später etwas bitterlichen Geschmack, einen schwachen Geruch nach Schwefel und eine Temperatur von 28–30° R. Hauptquellen sind das Probstei-oder kleine Bad von 29° R., das Grafenbad von 28° R., die Trinkquelle von 30° R. Sie gehören zu den heilkräftigsten in Deutschland, stehen an Wirksamkeit nur denen von Aachen nach und werden zum Baden, Trinken und Douchen benutzt. Als Bad wirkt das Wasser derselben reizend-belebend auf die äußere Haut, das Nerven-, Lymph- und Gefäßsystem, aber auch erhitzend, und muß darum bei Vollblütigkeit, Neigung zu Blutandrang nach einzelnen edlen Eingeweiden, Geneigtheit zu Blutflüssen und Anlage zu Schlagfluß gemieden werden. Es ändert die Mischungsverhältnisse der Säfte und unterhält eine vermehrte Hautausdünstung, ja ruft sogar häufig einen eigenthümlichen Hautausschlag hervor. Wird das Wasser getrunken, was mit oder ohne Milch, zuweilen auch mit einem Zusatze von karlsbader Salz geschieht, so äußert es eine gelindreizende Wirkung auf alle ab- und aussondernden Organe des Unterleibes. Gebadet wird gemeinschaftlich in dem Probsteibade, dem Grafenbade und dem für arme Kranke bestimmten Bade, in welchem diese außerdem auch Wohnung, Kost und Pflege unentgeltlich haben. Krankheiten, gegen welche man die warmbrunner Schwefelquellen hauptsächlich rühmt, sind hartnäckige rheumatische und gichtische Leiden, eingewurzelte Hautausschläge, wie namentlich Flechten, Geschwüre und ausgeartete Krätze, langwieriges Siechthum in Folge von Vergiftung durch Blei, Quecksilber und Arsenik, Hämorrhoidalbeschwerden und Unregelmäßigkeiten des Monatsflusses, welche vom gestörten Umlaufe des Blutes im Unterleibe abhängen, Krankheiten der Urinwerkzeuge, Blasenkrämpfe, Verschleimungen, Gries- und Steinbeschwerden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 654.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: