Weltgericht

[693] Weltgericht (das) ist eine sinnbildliche Vorstellung von der am Ende Alles ausgleichenden Gerechtigkeit Gottes. Beim Weltgerichte erhalten nach kirchlichen Begriffen Alle ihr Recht, die es auf Erden nicht finden konnten; Todte und Wiederauferweckte wie lebende Christen und Heiden, überhaupt alle Menschen und auch alle böse Geister. Nach dem N. T. wird Christus dazu auf die Erde zurückkehren und die Guten werden dabei von den Bösen geschieden, jene ins Himmelreich, diese an den Ort der Verdammniß gebracht werden. Von seinen Jüngern befragt, wann und wie dieses Weltgericht eintreten werde, verwies sie Jesus im Allgemeinen auf den Eintritt einer großen Revolution in der Natur und Menschenwelt. Dann werde er herabkommen und die Engel würden mit Posaunen vor ihm hergehen, um Alles zum Gericht zu rufen. Auch die Kirche hat es immer bei den im N. T. gebrauchten Bildern gelassen und die betreffenden Andeutungen sind eben bildlich oder als Anbequemung an jüdische Ansichten zu betrachten. Die Malerkunst hat sich die Darstellung des Weltgerichts häufig zur Aufgabe gemacht, wo dann Jesus die Seelen und Geister in selige zu seiner Rechten und verdammte zu seiner Linken theilt und jene von Engeln in lichte Gegenden geführt, diese von Unholden in flammende Abgründe gestürzt werden. Berühmte Bilder des Welt- oder jüngsten Gerichts sind das in der sixtinischen Kapelle in Rom von Michel Angelo (s.d.), das Altarbild von van Eyck im Dome zu Danzig (s.d.) und das jüngste Gericht von Lukas v. Leyden auf dem Rathhause zu Leyden. Mit dem Weltgerichte verknüpft ist die Vorstellung vom Weltuntergange, wo die Sterne des Himmels wie Lichter verlöschen und wie Schnuppen auf die Erde fallen werden. Sie gehört sehr vielen Religionen an und beruht auf dem Gedanken, daß die jetzige Welt nach Erfüllung der höhern Zwecke, welchen sie dienen soll, vergehen und einer schönern weichen müsse. Die Welt an sich ist aber für uns kein Gegenstand zur Erkenntniß und auch in dem beschränktern Sinne, wo Welt gleichbedeutend mit unserer Erde genommen wird, ließe sich zwar ein Anfang und ein Ende derselben denken, allein beide bleiben gänzlich außer dem Bereiche unserer Bestimmungen. Daher sind auch alle Voraussetzungen eines Weltuntergangs nur Aberglaube und chiliastische Hirngespinnste (s. Chiliasmus), welche höchstens Schwache und Kleingläubige zu ängstigen vermögen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 693.
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