Zinn

[805] Zinn (das), mit seinem chemischen Zeichen T, ist ein seit früher Zeit bekanntes, bläulichsilberweißes Metall, das leicht schmelzbar (bei 182° R.), sehr hämmerbar und streckbar ist, sich zu dünnen Blechen (Stanniol oder Folie von Zinn) schlagen läßt, beim Biegen knirscht und knistert, mit der Hand gerieben ihr einen widrigen Geruch mittheilt und im Munde einen unangenehmen Geschmack hervorbringt. Es wird meist als Oxyd im Urgebirge mit Arsenik, Antimon, Kupfer, Zink verbunden (als Zinnstein und Zinngraupen), theils mit Schwefelkupfer und Schwefeleisen (als Zinnkies) gefunden und kommt in England, Deutschland (wo das beste Sachsen und Böhmen liefern), Frankreich, auf der Halbinsel Malakka, der fundischen Insel Banca (wo die reichsten Zinngruben in Asien sind), in China und in Mittelamerika vor, ist aber im Ganzen wenig verbreitet. Dennoch kannten es vermuthlich die alten Griechen und gewiß die Römer; die celtischen Völter verführten Zinn aus England nach Gallien und noch weit früher ward es durch phönizische Schiffe dort geholt. Die reinsten Arten sind das engl. Kornzinn und das von Malakka und Banca. Die Zinnerze werden geröstet, gewaschen, abermals geröstet und dann in passend vorgerichteten Oefen geschmolzen, das erhaltene Zinn aber wird meist noch einer Umschmelzung unterworfen. Benutzt wird es zum Verzinnen kupferner u.a. Gefäße, gibt einen. Bestandtheil des Glocken-und Stückgutes, der Bronze, der Porzellanglasur ab, wird als Beizmittel und zur scharlachrothen Farbe in der Zeuchfärberei benutzt, als Stanniol zum Belegen der Spiegel gebraucht und von den Zinngießern, eigenen zünftigen Handwerkern, zu großen und kleinen Gefäßen und Geräthen, zu Orgelpfeifen durch Gießen und auf der Drehbank verarbeitet. Sonst wurden vorzüglich viel Gefäße und Geschirre, wie größere Kessel für Färbereien, Hüte für Destilirblasen, Röhren sowie Schüsseln, Teller, Löffel für den gewerblichen und häuslichen Gebrauch daraus verfertigt; da jedoch meist dem dazu verwendeten Zinn etwas Blei zugesetzt wird, so ist die Benutzung solcher Geschirre leicht mit schädlichen Folgen für die Gesundheit verknüpft und auch darin angemachte Farben erhalten davon häufig unwillkommene Nuancen. Es ist gleichwol in mehren Ländern erlaubt, dem Zinn eine gewisse Menge von Blei beizumischen und dies heißt dann Probezinn; auch will man durch Versuche gefunden haben, daß ein Zusatz von Blei, welcher den dritten Theil der Masse nicht übersteigt, der Gesundheit wenigstens nicht nachtheiliger sei als bloßes Zinn. Denn auch Zinnsalze sind der Gesundheit schädlich und zinnerne Geschirre müssen deshalb immer sauber gehalten und eigentlich gar nicht zu säuerlichen Speisen und Getränken benutzt, diese aber jedenfalls nur kurze Zeit darin geduldet werden. – Zinnasche besteht aus oxydirtem und zu grauem Pulver gebranntem Zinn und wird zum Poliren und Schleifen des Glases u.a. sehr harter Gegenstände benutzt. Auch dient sie zum Schärfen seiner Schneidewerkzeuge, zu welchem Behufe sie trocken oder für sehr seine Messer mit Baumöl auf einen Riemen gestrichen wird, mittels dessen dann die Messer geschärft werden. Die Heilkunst verwendet mit den feinsten Raspeln aus dem reinsten Zinn erhaltene Feilspähne (Zinnfeile) in Latwergen gegen den Bandwurm, wo die Wirkung wol nur eine mechanische ist und auf der dem Wurm unangenehmen Berührung mit den seinen Metallspitzen beruhen mag.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 805.
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