Abessinien

Afrika. I. (Karte)
Afrika. I. (Karte)

[5] Abessinĭen (Abyssinien), Habesch, im Altertum Äthiopien, Reich im östl. Afrika [Karte: Afrika I], bestehend aus mehrern Teilkönigreichen (Godscham, Schoa, Dschimma, Kaffa und Wollo) und Provinzen, unter einem unumschränkten Monarchen, mit noch unbestimmten Grenzen, über 800.000 qkm, ca. 8 Mill. E. Der Kern ist das terrassenförmig bis 3240 m (im O.) aufsteigende Hochland A., mit Schluchten, Bergketten (Râs Daschan 4620 m) und hohen Tafelbergen (Ambas). Unter den meist dem Nil zufließenden Flüssen sind die bedeutendsten: der Blaue Nil (Abai), Atbara mit Takaseh, der Mareb, Anseba, Hawâsch; größter See der Tanasee; viele heiße Quellen. Klima in der Qolla (d.h. heißes Land) im N. und NW. (bis 1800 m) tropisch, in der Woina-Dega (d.h. Weinland, 1800-2500 m) subtropisch, auf den Hochländern (Dega, über 2500 m) gemäßigt. Der Kaffee hat hier seine Heimat und von der Landsch. Kaffa vielleicht seinen Namen. In der Qolla Elefanten, Nashörner, Flußpferde, Krokodile, Löwen, Affen, Zibetkatzen. Bedeutende Mineralschätze. Reste der hamitischen Urbevölkerung sind die Agau und Falascha. Die Abessinier sind semit. Stammes, hamitischer Mischung die Galla. Staatsreligion ist die christlich-koptische; nächstdem finden sich Juden (Falascha), Mohammedaner und Heiden. Jetzige Hauptstadt Addis Abeba (Schoa); Residenz seit 1901 Addis Alam. Über den Handel s. Beilage: Afrika. Eisenbahnen 306, Telegraphenlinien 800 km. Entdeckungsgeschichte s. Beilage: Entdeckungsreisen.

A., das alte Äthiopien oder Axumitische Reich, stand im Altertum unter griech. Einfluß und nahm im 4. Jahrh. das Christentum an (s. Abessinische Kirche). Um 525 Kriege gegen die Himjariten (s.d.), später gegen die Mohammedaner von Adal und die heidn. Galla. Bis Mitte des 18. Jahrh. bildete A. einen Gesamtstaat unter einem Kaiser (Negus) und verschiedenen Statthaltern (Râs). Allmählich sank der Negus (zu Gondar) zu einem bloßen Schattenbild herab, wogegen die Râs Unabhängigkeit erlangten. Es entstanden die Staaten: Tigre im nordöstl. Hochland, Gondar (Amhara) westl. vom Takaseh, Schoa im S. Von 1852 an eroberte der Râs Kâsa in Gondar das Land und nannte sich Theodor I., Negus Negesti (König der Könige); wegen Gefangennahme eines engl. Gesandten erklärte ihm England den Krieg und eroberte 1868 Magdala, worauf Theodor sich tötete. Darauf schwang sich der Fürst Kâsa von Tigre zum Negus unter dem Namen Johannes auf und unterwarf, nachdem er ein in A. eingebrochenes ägypt. Heer (1875-77) glücklich zurückgeschlagen, ganz A. Als Johannes in einem Kampf gegen die Mahdisten bei Metameh (8. März 1889) geschlagen und gefallen war, riß König Menilek von Schoa die Herrschaft über A. an sich. Er schloß mit den Italienern, die sich in Massaua niedergelassen hatten, 1889 zu Utschali einen Protektoratsvertrag. Als aber die Italiener sich Tigres bemächtigten, rückte er gegen sie vor und schlug sie 1. März 1896 entscheidend bei Adua. Italien erkannte darauf im Frieden zu Addis Abeba (26. Okt. 1896) die Unabhängigkeit A.s an und zog sich hinter die Mareb-Belesa-Linie zurück. Ein Aufstand Ras Mangaschas von Tigre wurde 1898 unterdrückt, die Einfälle des Mullah Abdullah Aschur von Somalland seit 1900 wiederholt zurückgeschlagen. – Vgl. Rohlfs (1869 u. 1883), Hartmann (1883), Münzenberger (1892), von Falkenegg (1902).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 5.
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