[36] Lehn (lat. feudum, feodum), eine Sache, deren nutzbares Eigentum jemand (Lehnsmann, vassus, vasallus) unter der Bedingung gegenseitiger Treue in erblichen Besitz und Genuß mit Vorbehalt des Anheimfalls an den Obereigentümer (Lehnsherr) übergeben wurde. Das Lehnswesen entwickelte sich in den german. Staaten durch die Verleihung von Benefizien, gewöhnlich Grundstücken, von seiten der Könige und Großen an ihre Getreuen, anfangs auf Widerruf, weiterhin auf Lebenszeit, zuletzt auch als vererblich. Da selbst vermögende Freie, um eines mächtigen Schutzes teilhaftig zu werden, ihr unabhängiges Grundeigentum in L. verwandelten, die Vassalen wieder Teile ihres Benefiziums als Afterlehen weiter verliehen, auch Hof- und Staatsämter, Kriegs-, Schutz- und Gerichtsherrlichkeiten etc. Lehnsobjekte wurden, so durchdrang das Lehnswesen alle öffentlichen Verhältnisse des Mittelalters. Die Regel bildeten die Mannlehen, indes finden sich auch Weiberlehen (Schleier, Kunkel-L.). Über die erfolgte Belehnung (s.d.) stellte der Herr den Lehnsbrief aus. Fand in der Person des Lehnsherrn ein Wechsel statt, so mußte für die Lehnserneuerung eine Abgabe (Lehnware, Laudemium) erlegt werden. Der Lehnsdienst bestand in Kriegsdienst, in bestimmten Hofdiensten, in Abhängigkeitsgaben (Prästationen), dann in Mitwirkung als Lehnschöffe im Lehnsgericht, an dessen Stelle später die Lehnshöfe traten. Seit Ausgang des Mittelalters geriet das Lehnswesen immer mehr in Mißachtung, so daß verfallene [36] L. nicht wieder ausgetan, neue seltener errichtet wurden; doch hat sich das Lehnsrecht als ein verwickeltes Eigentumsrecht bis auf die heutige Zeit erhalten. Die wichtigste gemeinrechtliche Sammlung für dasselbe bilden die sog. Libri feudorum aus dem 12. Jahrh., die als decima novellarum collatio dem Corpus juris civilis einverleibt sind. – Vgl. Weber (Handbuch, 4 Tle., 1807-11), Pätz (Lehrbuch, 1832); Stobbe, »Handbuch des deutschen Privatrechts«, Bd. 2 (3. Aufl. 1896).