[60] Adern (Heilkunst), nennt man die aus häutigem Gewebe oder Schichten bestehenden, röhrenähnlichen Kanäle im Körper, welche entweder Blut, oder solche Flüssigkeiten enthalten, die dem Blute zugeführt werden. Es gibt vier verschiedene Arten derselben. 1) Milchadern, welche den Milch- oder Speisesaft in den Gedärmen aufnehmen und in das Blut führen; 2) Lymph- oder Saugadern, welche eine wässrige Nahrungsfeuchtigkeit aus allen Theilen des Körpers aufnehmen und in die Blutmasse leiten, 3) Blutadern oder Venen, welche das zur Ernährung aller Theile des Körpers von seinen belebenden Stoffen beraubte Blut zurück zu den Lungen führen, wo es auf's Neue damit vermischt werden soll und 4) Schlagadern oder Arterien, welche das zur Ernährung des Körpers in den Lungen gemischte Blut nach allen Theilen leiten. Hieraus ergibt sich, daß die Adern die wichtigsten Organe der Ernährung und des Stoffwechsels sind. Den durch sie geleiteten Umtrieb des Blutes durch den Körper nennt man den Kreislauf desselben, weil das einer Seits vom Herzen ausgesandte Blut, andrer Seits ihm wieder zugeführt wird. Die eine Hälfte des Herzens gehört dem Systeme der Schlagadern, die andere Hälfte dem Systeme der Blutadern an. Vom Herzen angefangen, geschieht der Kreislauf auf folgende Weise: Die linke Seite desselben zieht sich zusammen, drückt das Blut in die großen Stämme der Schlagadern und aus diesen in die Verzweigungen, welche sich zu allen Organen und Körperstellen netz- und büschelartig bis in die unendlich kleinen, der Anschauung entgehende, Gefäßchen vertheilen, wo das Blut in Dunstgestalt ausgehaucht wird, und dadurch die Theile ernährt oder Absonderungen[60] bezweckt. In eben solcher unendlich kleinen Vertheilung entspringen überall die Blutäderchen und Saugäderchen, und führen, nachdem hier ein der Beobachtung noch entgangener Proceß die Entmischung des Blutes geleitet hat, jenes Blut, die wässerige Lymphe zu den beiderseitigen größern Aesten und Stämmen. Die Schlagadern sind fester, elastischer und liegen gewöhnlich tief, bis auf einige. Ihre Bewegung heißt Pulsschlag. Die Blutadern sind zahlreicher, und viele davon liegen ganz oberflächlich. Ihre innere Wand hat in gewissen Entfernungen Klappen, welche den Rückfluß des Blutes hindern. Wunden der erstern können bei größern Stämmen tödtlich sein, und sind wenigstens immer gefährlicher, als Verwundungen der Blutadern, die nicht immerfort bluten. Aus jenen spritzt das Blut in Absätzen, stoßweise, aus diesen fließt es in einem ununterbrochenen Strahle. Das Blut in der linken Seite des Herzens und den Schlagadern sieht hellroth, das in den Blutadern dunkelroth aus, und wird schwarzes Blut genannt. Die Adern bestehen in ihren Endpunkten aus den zartesten Haargefäßchen, und diese sind es, die das Colorit des Körpers erzeugen, die blühenden Wangen, den Glanz und das Elastische der Körperoberfläche, und durch Mangel an Blut die Todtenblässe, das Zusammenfallen der Hautgebilde und Kältegefühl bedingen. Die durchschimmernden, und den Reiz einer blendenden Haut so unendlich erhöhenden blauen Adern und Blutadern.
D.
Brockhaus-1837: Heilkunst · Adern
DamenConvLex-1834: Ansteckung (Heilkunst) · Anatomie (Heilkunst) · Abhärtung (Heilkunst)