Alexisbad

[140] Alexisbad, oder der Selkenbrunnen liegt in dem, an Naturschönheiten so reichen Selkethale am Harz, nahe bei Harzgerode und 3 Stunden von Ballenstädt. Die erste Veranlassung zur Entdeckung der Eisenquelle war ein neu angelegter Stollen, der wegen der Festigkeit des gefundenen Schwefelkieses liegen blieb, wobei der Heilquell in die Selke lief. Im Jahre 1766 ward er zuerst benutzt, und man richtete in der nahegelegenen Mühle 6 Wohnungen für Badegäste ein. Der Herzog ließ, da der Ruf der Quelle zunahm, das Wasser chemisch untersuchen, wodurch es sich auswies, daß die Eisenquelle alle deutschen Mineralwasser an Eisengehalt übertreffe. Die Badeanstalt ward nun angelegt, und erhielt 1811 den Namen Alexisbad. Das Badehaus enthielt sonst nur 70 Zimmer, ist aber jetzt sehr erweitert, und nicht weit von demselben ein Logirhaus gebaut worden. Die Badecabinete enthalten hölzerne Wannen. Dampfbad und Douchebad, wozu das Wasser 30 Fuß hoch getrieben wird, ist vorhanden. In dem schönen Salon wird Mittags und Abends gespeist. Auf der Terrasse vor demselben ist regelmäßig Conzertmusik. Das Wasser ist hell und klar, schmeckt tintenhaft, und wird an der Luft gelb gefärbt, behält seine Temperatur, und friert im härtesten Winter nicht zu. Thiere können nicht darin leben, daher Fische erst da in der Selke gefunden werden, wo das Wasser schon sehr verdünnt ist – Es wirkt reizend, und ist als stärkendes Bad von außerordentlicher Wirkung. Heilsam ist es bei Schwäche nach erschöpfenden Krankheiten. Eben so nützlich wirkt es in oft wiederkehrenden rheumatischen und Hautübeln, bei Hypochondrie, Magen- und Gesichtsschwäche. Der Aufenthalt in[140] Alexisbad ist sehr angenehm und freundlich. Das enge Thal, die hochanstrebenden, reich bewachsenen Berge und Felsen sind voller Anlagen, und für die Unterhaltung ist auf mancherlei Weise gesorgt. Besonders angenehm aber wird der Aufenthalt durch die Nähe vieler Orte, von welchen Besuchende nach dem Bade kommen, und durch die schönsten Partien des viel bereisten Harzgebirges, wo ein immerwährender Zusammenfluß von Fremden ist. Unter diesen ist der Stufenberg bei Gernrode der besuchteste Luftort der Bewohner der Umgegend. Die Ruine des Klosters Hagenrode, das Städtchen Harzgerode mit der Bildsäule des lindwurmtodtenden Hirten; das Weghaus mit der reizenden Aussicht nach dem Brocken; der Mägdesprung, wo eine Riesin zu ihrem Geliebten über das Thal gesprungen sein soll, mit seinem Eisenhüttenwerk und dem aus Eisen gegossenen Obelisken; die Teufelsmühle auf dem Ramberg; das Jagdhaus des Meiseberges liegen in der Nähe. Weitere Partieen sind die Victorshöhe, das freundliche Ballenstädt, das in malerischer Umgebung herrlich gelegne Stolberg, die durch den daselbst geschriebenen Sachsenspiegel und als Schauplatz von Bürger's Pfarrers Tochter zu Taubenhein berühmt gewordene Burg Falkenstein, wo man im Dorfe Pansfelde noch jetzt die Stellen zeigt, wo sie gerädert wurde. Die großartig und schauerlich schone Roßtrappe, die Erichsburg, Quedlinburg, Halberstadt, Blankenburg, Aschersleben, Werningerode, Nordhausen sind entferntere Orte, welche von den Badegästen besucht werden. Eine wirklich reizende Beschreibung dieses Bades floß aus der Feder einer Dame: Lettres sur Alexisbad et ses environs, (deutsch vom Freiherrn von Gutschmid) von der Gattin des russischen Consuls und Staatsrathes von Freigang.

D.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 140-141.
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