[62] Bier und Bierbrauerei. Das Bier ist ein Getränk, welches aus Gerste oder andern Getreidesorten bereitet wird, und die Bierbrauerei die Kunst, dasselbe herzustellen. Die meisten Biere werden aus der Gerste, andere aus Weizen, aus Spelt (Dinkel), oder aus Hafer gewonnen. Das Verfahren bei Bereitung des Gerstenbieres ist im Allgemeinen folgendes: Zuerst wird die Gerste gemalzt, welche Operation in das Einweichen, Keimen, Trocknen und Darren zerfällt. In ein zum Theil mit reinem Wasser gefülltes Gefäß wird mehr und mehr Gerste geschüttet, und mittelst einer Krücke umgerührt, wodurch sich die Hülsen und Unreinigkeiten absondern und obenauf zu schwimmen kommen. Mittelst eines Siebes werden dieselben abgenommen; darauf wird die Gerste gleichmäßig ausgebreitet und 40 bis 48 Stunden lang stehen gelassen. Bei diesem Einweichen saugt die Gerste Wasser ein und schwillt[62] auf. Das Wasser wird nach Verlauf der angegebenen Zeit abgelassen und die Gerste auf die Malztenne gebracht, wo sie in niedrigen Haufen aufgeschüttet wird. In diesen Haufen erzeugt sich nun eine gelinde Wärme, bei welchen sich die Keime der Gerste zu entwickeln beginnen, die Wurzelfasern treten aus den Körnern, und man läßt dieselben 1¼ der Länge des Kornes erreichen, dann aber wird durch wiederholtes Umschaufeln der Gerste und Ausbreiten derselben in niedrigere Haufen verhindert, daß nicht auch die Blattkeime zum Vorschein kommen, denn durch die Bildung von Blättern würde ein Theil der Mehlsubstanz verloren gehen. Die auf der Malztenne äußerlich getrocknete Gerste wird nun auf der Malzdarre stärker getrocknet oder gedarrt, bis sie eine braungelbe Farbe angenommen hat. Auf das Malzen folgt das Maischen, wozu vorläufig das Malz geschroten oder grob gemahlen, und das Schrot dann einige Tage an einen kühlen Ort gestellt wird, um aus der Luft Feuchtigkeit aufzunehmen. Das Maischen besteht nun darin, daß das Malzschrot in einen großen Bottich mit doppeltem, einem durchlöcherten und einem undurchlöcherten Boden gethan und darin mit heißem, aber noch nicht siedendem Wasser übergossen wird. Dieses wird mit dem Malzschrote wohl gemengt und dann einige Zeit über demselben stehen gelassen, darauf der Aufguß, die Würze, mittelst eines Hahnes, der sich zwischen den beiden Böden des Maischbottichs befindet, in ein tiefer stehendes Gefäß, den Unterstock abgelassen. Hierauf bringt man die Würze in den Braukessel, kocht sie daselbst mit dem Hopfen mehrere Stunden lang, und läßt sie sodann durch eine Rinne in das Kühlschiff ab, wobei der Hopfen durch einen Seiher zurückgelassen wird. Das Kühlschiff ist ein großes, flaches Gefäß, in dem man die Würze bis zu einer Temperatur von 10 bis 14 Grad des Reaumurischen Thermometers abkühlen läßt. Von hier kommt die Würze in den Gährungsbottich, wo sie mit Hefe (Oberhefe) vermischt wird, um durch diese in den Zustand der Gährung versetzt zu werden. Bei der Gährung[63] erhebt sich über der Oberfläche der Würze ein weißlicher, später bräunlicher Berg schaumartiger Hefe (Oberhefe), während sich auch auf dem Boden des Gefäßes Hefe (Unterhefe) absetzt. So wie der Schaum auf der Würze einzusinken beginnt, ist die Gährung vollendet, die Oberhefe wird mit einem Siebe abgeschöpft, und das nun fertige Bier von der Unterhefe in Fässer abgezogen. In den Fässern setzt das Bier noch eine Zeit lang die Gährung (Nachgährung) fort, und man läßt deßwegen noch eine Zeit lang den Spund des Fasses offen, erhält auch das Faß durch Nachgießen von Bier oder Wasser stets voll; dann wird die sich bildende Hefe durch den Spund aus. gestoßen. Wenn endlich die Nachgährung aufzuhören beginnt, spundet man die Fässer zu. Uebrigens bleibt das Bier in einer fortwährenden Gährung, und wird endlich sauer und schal. Damit diese Gährung so langsam als möglich fortgehe, muß man das Bier in möglichst kühlen Kellern aufbewahren. Es gibt sehr verschiedenartige Biere. Nach der größeren oder geringeren Dünne unterscheidet man leichte, mittelstarke und doppelte Biere. Die stärksten Biere sind der Porter und das Ale. Nach der verschiedenen Farbe, welche von der Farbe des Malzes abhängt, unterscheidet man weiße, gelbe und braune Biere. Man pflegt die verschiedenen Getreidesorten, aus denen Bier gebraut werden kann, auf mannichfache Weise zu mischen. Auch die Gährung kann verschieden sein, und man unterscheidet auch hiernach die Biere; das nach der obigen Beschreibung bereitete Bier ist das Lagerbier, so genannt, weil es sich am längsten auf dem Lager erhält, und durch ein längeres Liegen, wobei die Gährung langsam fortgeht, seine Güte erlangt. Die Güte des Bieres hängt endlich noch von Lokaleinflüssen ab, so daß an manchen Orten ein treffliches Bier gebraut wird, während derselbe Brauer an einem andern minder günstigen Orte nicht ein gleiches Bier zu bereiten im Stande ist. Gutes und nicht zu starkes Bier ist das vorzüglichste Getränk, welches wir besitzen, indem es zugleich kühlt, den Durst löscht und nährt, auch in mancherlei krankhaften[64] Zuständen eine heilsame Wirkung äußert. Das beste Bier wird in England und Baiern gebraut.
O. M.