Camera obscura

[254] Camera obscura. Im Bau der Camera clara ähnlich (s. d.), nur mit dem Unterschiede, daß man statt des obern großen Linsenglases ein flaches, matt geschliffenes Glas anzuwenden pflegt, auf dessen unterer Fläche sich die Bilder der Gegenstände präsentiren, die man dann von oben her betrachtet. Ich habe mich jedoch mit Vortheil eines gewöhnlichen ebenen Glases bedient, welches nicht matt geschliffen war, und hierüber ein seines Velinpapier gespannt. Die Bilder gewinnen dadurch außerordentlich an Klarheit und Lebhaftigkeit der Farben. Der schönste Bau der transportablen Camera obscura weicht von dem gewöhnlichen, und von dem der Camera [254] clara auffallend ab, und ist folgender. Eine Pyramide aus dünnen Brettern, oder aus Stäben mit schwarzem Tuch überzogen, steht auf einem, mit Zeichnenpapier bespannten Reißbrett. In einer Seitenwand befindet sich eine Oeffnung, in welche der obere Theil des Gesichtes, (Stirne und Augen) paßt, gerade darunter ist der Theil der Pyramide, welcher von dem Augenloch durch das Reißbrett herab geht, offen, und durch einen Vorhang von leichtem, schwarzem Zeuge verhängt. Hier ruhet die Hand, welche zeichnen soll. Die Pyramide ist ungefähr drei bis vier Schuh hoch, auf ihrem Gipfel steht ein rechtwinkliges Prisma, aus reinem Glase, mit einer Kathete nach den abzuzeichnenden Gegenständen, und mit der andern nach dem Innern, nach dem Reißbrett gerichtet. Diese letzte Fläche ist erhaben geschliffen, und dient statt des Linsenglases – es fehlt nur noch der Spiegel. Da nun unbelegte Glastafeln von guter Politur, wenn sie unter einem Winkel von 45 Graden gegen die Objecte uud das Auge geneigt sind, alle Strahlen zurück werfen, so dient die dritte Seite des Prisma als vollkommener Spiegel, und man hat auf diese Art die reinsten vollkommensten Bilder von außerordentlicher Farbenpracht. Der Spiegel und das Linsenglas bewirken eine Umkehrung des Bildes, daher, wenn man so steht, daß man den Gegenstand – etwa ein Haus – und dessen Bild zugleich im Innern des Instrumentes sehen kann, das Haus auf dem Schornsteine balancirt. Man muß sich daher so stellen, daß man dem Objecte, welches man zeichnen will, den Rücken kehrt, dann steht das Haus wieder auf seinem Fundament. Dieselbe Vorrichtung bringt man auch auf dem Giebel von frei gelegenen, etwa eine Landstraße beherrschenden Pavillons, Gartenhäuschen etc. an, und kann sich dadurch den angenehmsten Zeitvertreib verschaffen.

V.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 254-255.
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