[26] Crélinger, Auguste, Auguste, geborne Düring, verwitwet gewesene Stich, eine der ersten jetzt lebenden Schauspielerinnen und noch immer die Hauptzierde der Berliner Hofbühne. Früh ging sie in ihrer Vaterstadt Berlin zum Theater, erfreute sich der Leitung Iffland's, bildete sich an talentvollen Künstlerinnen heran, und erregte schon damals die größten Hoffnungen. Eine Reise nach Wien und die Triumphe, welche sie auf dem dortigen Hofburgtheater (als Maria Stuart, Johanna, Thekla etc.) feierte, verbreiteten ihren Ruf auch in dem übrigen Deutschland. So lebte sie geehrt und bewundert der Kunst und ihrem Familienkreise, als plötzlich ein tragisches Ereigniß ihr den Gemahl, einen talentvollen Schauspieler, raubte. Wie aber kräftige Naturen und bedeutsame Charaktere durch die Schläge des Schicksals nur einen höhern geistigen Aufschwung erhalten, so auch unsere Künstlerin. Ihre Darstellungen, namentlich im tragischen Fache, erreichten einen Grad der Vollendung, den man trotz der Hochachtung für die Künstlerin bis dahin kaum geahnt hatte. So verherrlichte sie nach und nach die trefflichsten Gebilde unserer Dichter in der Art, daß dieselben oft ihre eigenen wurden. Wie sie früher als Julie, Thekla, Johanna, Portia, Cordelia etc. hingerissen; so bemeisterte sie sich jetzt in den Rollen einer Phädra, Medea, Sappho, Lady Makbeth, Chriemhilde, Semiramis, Sibylle etc., der uneingeschränktesten Bewunderung. Die ersten Theater Deutschlands reichten ihr den Kranz einer nie geschwächten Anerkennung. Selbst als eins der ersten Gestirne des theatralischen Himmels, Sophie Müller (s. d.), nach Berlin kam und durch den Zauber des holdseligsten Talentes rührte und erschütterte, wurde Augustens Glanz nicht verdunkelt. Die rückkehrende Künstlerin empfing das Publikum mit gleichem Jubel und unerschütterlicher Theilnahme. Das Hauptfach dieser Schauspielerin[26] ist die Tragödie, und darin namentlich das Heroische; doch wird auch ihre Leistung im sentimentalen Genre, namentlich ihre Julie aus früherer Zeit, Jedermann unvergeßlich bleiben. Hoheit, Kraft, Adel beseelt alle ihre Darstellungen; darüber ist eine Anmuth und Grazie ausgegossen, die zugleich bezaubert, wenn jene Eigenschaften imponiren. Unvergleichlich ist der Ton ihrer Rede ihr Organ ist jeder Nüance, jeder Modulation fähig; sie vernichtet mit Einem Laute und rührt mit dem andern bis zu Thränen; schmiegsam und einschmeichelnd, Liebeflötend, wie die Nachtigall, erschütternd, durchbohrend, gespenstig durchschauernd, je nachdem es die Situation erheischt, ist dieses seelenvolle Organ. Ihre Worte sind Klänge, ihre Rede ist Musik! So steht die reichbegabte Künstlerin noch jetzt ruhmvoll da, und hat noch keineswegs den Kulminationspunkt ihrer Größe überschritten. Einige Jahre nach dem Tode ihres ersten Gatten vermählte sie sich mit dem Bankier Crelinger. Im November 1834 übergab sie ihre beiden Töchter erster Ehe, Clara und Bertha Stich, der Bühne, für welche sie dieselben herangebildet und in denen der Geist ihrer Mutter fortlebt. So steht sie inmitten der blühenden Töchter noch selbst blühend da, ihnen aus dem eigenen Ruhmeskranz frische Zweige in die Locken schlingend.
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