[292] Galanterie, die Tochter der Chevalerie des Mittelalters, welche wir die religiöse Pietät in der Liebe nennen möchten, die aus dem ritterlichen Sinne der Männer und ihrer Hochstellung der Frauen hervorging. Die Frauen sind das edlere Geschlecht, und so geziemte sich ihnen gegenüber auch ein edleres, feineres Betragen. Unter dem ritterlichen König Franz war die Blütenzeit der Chevalerie, von da an artete sie in die weniger fromme, weniger innige Galanterie aus. Als solche erhielt sie eine Beimischung des Scheinbaren,[292] auf der Oberfläche Glänzenden, in ihrer innern Wesenheit weniger Wahrhaften, darum nannte sie Montesquieu »die seine, leichte, ewige Lüge der Liebe.« Es gibt aber noch eine edlere Galanterie, die sich im Manne unwillkürlich erzeugt, tritt ihm Tugend, Schönheit und Liebreiz einer Frau siegend entgegen. Sie wird ein Resultat der Liebe, verbunden mit Hochachtung, sie ist eine Huldigung, die unaufgefordert geleistet wird, sie äußert sich durch Worte und Blicke, sie veredelt das Betragen und überhaucht es mit Schönheit und Grazie. Die Galanterie wird, wie der Regenbogen im Sonnenlichte, so in dem Nimbus, welcher eine schöne geistreiche, liebenswürdige Frau umgibt, erzeugt. In diesem Bereiche entwickelt sie sich und Licht empfangend, strömt sie Licht aus.
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