Goldküste

[458] Goldküste, der bekannteste Theil von Oberguinea, eine Strecke, längs dem äthiopischen Meere, von 80 Meilen. Aber nur das Küstenland ist von Europäern durchforscht, in das Innere, über den Saum der bewaldeten Höhen nach dem Hochland gedrungen ist noch Niemand. Zahlreiche Flusse und Bache ziehen von da herab, nach dem Ufer des Meeres, und bewässern reichlich die fruchtbare Landschaft der Küstengegenden. Das Klima ist gesund, die Hitze nicht übermäßig, die Regenzeit fallt in den Mai und October, wo der nachtschwarze Himmel seine Schleußen öffnet, Wasserbäche auf die dampfende Erde niederstürzen und sie ringsum öde und traurig in Nebeldünste hüllen. Ist aber die Regenzeit vorüber, arbeitet sich der Feuerball der Sonne durch die Dunstmassen, so[458] lebt und pulsirt die erfrischte und geschwängerte Erde von Neuem, Millionen Gräser und Blumen von der buntesten und entzückendsten Farbenpracht sprossen auf und öffnen ihre Kelche, die Blüthenbäume wimmeln von den farbigen Bewohnern der Lüfte und als ein smaragdener Teppich erscheint das Land bis zu den fernen Höhen hinauf, der mit Prachtfarben aller Art gestickt ist. Die ehemaligen Bewohner dieser Gegend waren die Fantis, welche aber 1806 von den Aschantis, einem mächtigen Volke des Hochlandes, besiegt und unterjocht wurden. Letztere, eben so roh als grausam, machten sich selbst den Europäern furchtbar und zwangen diese oftmals ihre Niederlassungen aufzugeben. Die Aschantis stehen unter einem Könige, der mit unbegrenzter Willkür herrscht. Ihre Anzahl beläuft sich auf 1 Million 300,000; sie stellen 100,000 Streiter in das Feld und machen sich alle umwohnenden Stamme unterthänig. Menschenopfer sind bei diesem rohen Volke an der Tagesordnung, in der Nahe von Kumassi, der Hauptstadt mit 15,000 Ew, ist ein Opferplatz, den die Raubthiere der benachbarten Wälder nicht von den Leichen der unglücklichen Schlachtopfer reinigen können. An der Küste besitzen einige europäische Handelsnationen mehrere Factoreien und Forts, welche jedoch von keiner großen Bedeutung sind, da hier der Sclavenhandel aufgehört hat und mit den barbarischen Einwohnern kein regelmäßiger Verkehr unterhalten werden kann. Unter dem unwissenden Volke sind besonders die Fetischmänner gefürchtet, eine Art Priester und Zauberer, die sich übernatürlicher Kräfte rühmen, wahrsagen und das Volk zu ihrem Vortheile in Aberglauben und Dummheit erhalten. Ein großer Fels an der Küste und ein Salzsee sind ihre größten Fetische, denen sie namentlich zur Zeit des Erntefestes der Yamswurzel göttliche Verehrung erweisen und Früchte und Thiere zum Opfer bringen. Ihre Todten begraben sie in ihren Häusern. Ist ein Familienglied gestorben, so ziehen alle Angehörigen, Gesicht und Körper mit Kreide bestrichen, unter Vortritt eines jungen Mädchens, welches Flaschen[459] mit starkem Branntwein trägt, durch die Stadt. Alle Anverwandten versammeln sich nach diesem Umzuge im Trauer- und Begräbnißhause; hier wird der Branntwein von Männern und Weibern im Uebermaße genossen, dazu ertönt furchtbares Klagegeschrei unter lautem Getöse von Trommeln, bezahlten Sängern und Salven. War der Verstorbene ein Vorsteher des Volkes, so dauern diese barbarischen Trauerfestlichkeiten 8 und mehrere Tage und die Hinterlassenen sind oft genöthigt, Alles zu verkaufen und zu verpfänden, um die Kosten zu bestreiten. Die Geburt eines Kindes wird durch Musketenschüsse gefeiert, die Mutter aber hütet nach diesem Ereignisse nicht das Zimmer, sondern unterzieht sich nach wie vor ihren beschwerlichen Geschäften. Wird bei den Aschantis ein junges Mädchen mannbar, so schmückt sie sich mit so vielen goldenen Zierathen, als ihre Verwandten nur immer austreiben können und umgürtet sich mit einer Schnur, von welcher viele silberne Schlüssel herabhängen. In diesem Aufzuge wird sie zur Schau um die ganze Stadt geführt, sie besucht ihre Verwandten und Freunde, die sie beschenken und ihr zu dem glücklichen Ereigniß Glück wünschen.

–n.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 458-460.
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