Gruss

[62] Gruss. Der Gruß ist eine allgemeine Sitte, nur ist seine Art und Weise verschieden. Berühmt ist in der Bibel der englische Gruß, das Ave Maria (Gegrüßet seiest du, Maria!), der bei den Katholiken, als Gebet zur Mutter des Erlösers, dem Vaterunser angehängt wird. Der Gruß ist aber nicht nur Zeichen der Zuneigung, sondern er drückt auch Hochachtung, Ehrerbietung, Liebe, Freundschaft, Freude etc. aus. Der gebildete Europäer grüßt durch Entblößen des Hauptes und eine Verbeugung; er spricht dazu entweder sein »ergebener oder gehorsamer Diener,« »guten Morgen,«,.guten Abend,« oder sein »Gelobt sei Jesus Christus; – in Ewigkeit Amen!« sein »Grüß' dich Gott!« der Bergmann sein »Gluck auf« etc. Der alte Grieche grüßte mit den Worten: »Freue dich!« der Römer: »Sei gesund und stark!« – Der Orientale wirft sich auf die Erde und küßt dieselbe, gleichsam auf die Fußtapfen des Gegrüßten seinen Mund drückend; der Russe und Pole kniet nieder, umfaßt und küßt die Knie des Vornehmern oder sein Gewand etc. – Die Insulaner der Philippinen nehmen den Fuß oder die Hand des Begegnenden und reiben sich damit das Gesicht. – Die Lappländer drücken ihre Nase an die Nase der Person, welche sie grüßen. – In Guinea legt man Blätter auf das Haupt des Begegnenden. – In der Meerenge Sund hebt man dem zu Grüßenden das linke Bein empor, führt es über den linken Schenkel und dann über das Gesicht. – Ein Aethiopier nimmt das Kleid des Andern und schlägt es um sich herum, so daß der Freund unterdessen fast unbekleidet dasteht. Die Japaner ziehen den Pantoffel, das Volk in Amerika vie Sandalen auf der Straße aus, wenn sie grüßen. – Die Negerkönige[62] an der Küste von Afrika knacken als Gruß drei Mal ihren Mittelfinger. – Die Eingebornen von Larmene öffnen sich, wenn sie ihre besondere Zuneigung zu erkennen geben wollen, eine Ader und reichen dem Freunde das Blut zum Trinken. – Wenn die Chinesen nach langer Trennung einander wieder sehen, so fallen sie auf die Knie und beugen das Gesicht zwei oder drei Mal zur Erde. Die Chinesen haben auch eine Art Complimentirritual, wornach die Zahl ihren Verbeugungen, Kniebeugungen, und die Worte bei irgend einer Gelegenheit bestimmt werden. Die Gesandten sollen sich 14 Tage in diesen Ceremonien üben müssen, ehe sie am Hofe erscheinen. Der gemeinste Gruß in den südlichen Provinzen China's unter den untern Ständen heißt: »Ya fau? (hast du deinen Reis gegessen?)« Auf Otaheiti reibt man zum Grüßen die Nasen an einander, und ein wilder nordamerikanischer Völkerstamm faßt sich gegenseitig an denselben und schüttelt sie gelinde.

B.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 62-63.
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