Guadeloupe

[63] Guadeloupe, die größte der kleinen Antillen in Westindien,[63] nach Martinique die wichtigste Besitzung von Frankreich, ist eine vulkanische Insel von 31 Quadrat M. mit 120,000 Ew., von welchen ein großer Theil Schwarze sind. Funfzig bis sechszig Flüsse und Bäche durchfurchen die Insel, machen sie reizend und befördern die üppigste Vegetation. Berge, von uralten Bäumen beschattet, durchziehen das Land und heftige Gewitter und Stürme, so wie das tödtliche gelbe Fieber, sind die einzigen Schattenseiten einer Insel, welche in einem ewigen Frühling mit tropischer Vegetation prangt. Man führt jährlich für 600,000 Ps. Sterl. Zucker, Kaffee, Baumwolle, Cacao und Indigo aus. Die Hauptstadt Point à Pitre, zwischen reizenden Hügeln, von Pisang- und Orangebäumen umgeben, ist das Paris der französischen Antillen. Die Frauen, von hohem Wuchs, aber bleichem Teint, huldigen dem Luxus, der Toilette und Mode, deren neueste Erfindungen ihnen von Paris zukommen. Von ihren Männern vernachlässigt und von den Weißen verschmäht, welche den Negerinnen mit schwarzer sammtener Haut und feurigem Blute den Vorzug geben, bringen die Damen von Guadeloupe einen Theil des Tags damit hin, Stadtneuigkeiten von ihren Kammerfrauen (cocottes) anzuhören. Schüchtern und gemieden, sprechen sie nur wenig, wiewohl es unter ihnen sehr geistreiche und liebenswürdige gibt. Man liebt Musik und Tanz und umfaßt den Europäer mit gastfreundschaftlichem Wohlwollen. Die Freuden der Tafel, der Liebe und Geselligkeit sind es, in welchen der kräftigere, blühende Europäer in Guadeloupe untertaucht. Der seine Creole ist dort nicht mehr so eitel und stolz, wie er es sonst war, aber reich und üppig, und der stets exaltirte Franzose zeichnet sich auf Guadeloupe durch ein Lebendigkeit aus, welche die seiner Heimath in eben dem Grade übertrifft, als der wuchernde Boden und das Wollust hauchende Klima Westindiens den Garten von Frankreich.

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Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 63-64.
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