[327] Holzschneidekunst (griech. Xylographie), erwachte in der neuesten Zeit nach einem zweihundertjährigen Schlummer mit so frischer jugendlicher Kraft, daß heute die Grenzen derselben kaum mehr zu überblicken sind. Erfunden durch den Italiener Hugo da Carpi oder den deutschen Meister Joh. Ulrich Pilgrim und Anfangs nur zur Verfertigung der Spielkarten im 14. Jahrhunderte, woher auch die Bezeichnung Formschneidekunst, verwendet, sank dieselbe, nachdem sie unter Wolgemut, Dürer, Holbein u. m. A. im 16. Jahrhunderte den Gipfel der Vollendung erreicht zu haben schien, allmälig in Vergessenheit und ward durch die Kupferstecherkunst verdrängt. Sie ist nämlich das Gegentheil von jener. Beim Holzschnitte bleiben auf der Platte (meist von Buchsbaum) alle[327] Umrisse und Schraffirungen, die sich abdrucken sollen, erhaben, wie bei den Schriftplatten in der Buchdruckerei, und die Zwischenräume werden sein herausgeschnitten, was ungleich schwieriger ist, als die Zeichnung, wie sie ist, in die Kupferplatte zu graben. Diese Kunst nun nahm in unsern Tagen das Interesse fast der ganzen civilisirten Welt in Anspruch, so daß jetzt aus den Officinen Englands, Frankreichs, Deutschlands, ja selbst Amerika's, kaum ein Buch mehr hervorgeht, das nicht ein Schmuckzeichen wenigstens dieser Kunst an sich trägt. Ihren Triumph verdankt sie der, durch Lord Brougham in's Leben gerufenen Pfennigliteratur. Es ist in Wahrheit erstaunenswerth, was Anfangs die Engländer, bald darauf die Franzosen geleistet; vom Kühnsten, Bizarrsten, Baroquesten, bis zum Weichsten, Lieblichsten und Graziösesten. Diese Anerkennung ausgesprochen für das Fremde, dürfen wir Deutsche aber auch mit freudigem Stolze hinblicken auf die Hervorbringungen in diesem so schwierigen Kunstsache; denn auch Deutschland fand würdige Repräsentanten dieser Kunst in den Professoren Gubitz zu Berlin und Höfel in Wiener-Neustadt. Ihre Leistungen schließen sich dem Besten an, was das Ausland hierin bietet.
B l.