[123] Holzschneidekunst (Xylographie), die Herstellung von hölzernen Buchdruckformen durch Ausheben der weißbleibenden Stellen. In neuerer Zeit hat man mittels des sogenannten Holztiefstichs auch versucht, Tiefdruckformen durch galvanoplastische Abformung von Holzschnitten zu erzielen, bei welchen das Bild wie beim Kupferstich vertieft eingeschnitten wurde.
Zur Verwendung gelangen fall ausschließlich Hirnholzplatten (Querschnitte der Stämme) aus Buchsbaumholz, und zwar liefert das gelbe das beste Material. Um eine möglichst homogene Platte (den sogenannten Stock) zu erhalten, muß sie häufig aus vielen Stücken sorgfältig zusammengeleimt werden. Die Erzeugung der Stöcke erfolgt heute beinahe ausnahmslos durch speziell damit sich beschäftigende Werkstätten. Die dem Holzschneider als Grundlage dienende Zeichnung wird entweder mittels Bleistift oder photographisch auf das Holz gebracht. Im ersteren Falle wird die feingeschliffene Plattenoberfläche mit einer dünnen Schicht eines aus Gummiarabikum und Zinkweiß bestehenden Breis versehen, getrocknet, seitenverkehrt bezeichnet (im Spiegelbilde) und sodann zum Schütze mit einem Papierblatt mittels Wachs beklebt, welches allmählich entfernt wird. Bei der Photoxylographie verreibt man (nach Brandlmayr) einen aus geschlämmtem Kremserweiß, warmer Gelatinelösung (4 : 100) und etwas Eiweiß bereiteten Grund dünn auf dem Stocke, versteht dessen Seitenflächen mit etwas Wachs, um das Aufsaugen von Flüssigkeit zu verhindern, sensibilisiert in mit ein Achtel ihres Gewichtes Zitronensäure versetzter gesättigter Lösung von kristallisiertem Silbernitrat in Glyzerin, kopiert unter dem Negative, fixiert mit Fixiernatronlösung (1 : 4) und wäscht 1/4 Stunde in fließendem Wasser. Beim Schneiden selbst liegt der Stock auf einem mit Sand gefüllten Lederkissen, dessen Unterlage ein schiefes Pult bildet. Mit Wasser gefüllte Glaskugeln oder große Konvexgläser werfen einen hellen Lichtkegel auf die Platte, in Kugelgelenken leicht bewegliche Lupen (auch Relieflupen) erleichtern das Bearbeiten seiner Details. Das Schneiden erfolgt in der Weise, daß der Stock mit der linken Hand dirigiert wird, während die rechte den Stichel (je nach der Notwendigkeit Grab- oder Messer-, Spitz-, Hohl-, Flach- und Fadenstichel) führt. Hat der Xylograph genau das vorgezeichnete Bild stehen zu lassen, also nur die freien Stellen getreulich zu entfernen, so spricht man von Faksimileschnitt; dagegen bezeichnet man es als Linienmanier oder Tonschnitt, wenn dem Holzschneider das Zerlegen der geschlossenen (homogenen) Töne einer gewischten Zeichnung oder eines Halbtonbildes (Photographie) in druckfähige, aus verschieden Harken Strichen und Punkten bestehende (lineare) Töne überlassen ist; findet das eine und das andre beim Schneiden eines Stockes statt, so heißt es farbiger Faksimileschnitt. Um den Druck eines zarten Verlaufers zu erleichtern, werden die zuletzt abklingenden Tonpartien durch Abziehen mit dem Stichel unter das Niveau der Stockoberfläche gelegt. Für die Herstellung von Holzschnitten zu technischen Abbildungen, die größtenteils aus in geometrischen Figuren geführten, systematisch angeordneten Linien (Schraffuren) bestehen, dienen der Guillochiermaschine (vgl. Guillochieren) ähnliche Apparate (Holzschneidemaschinen). Die Chromoxylographie erzeugt Teilplatten für den Farbendruck (s.d.). Zumeist wird, namentlich bei großen Auflagen, nicht vom Holzschnitte direkt, sondern von galvanoplastisch gewonnenen Kopien (s. Klischee) gedruckt. Für grobe Arbeiten ist der Hoffmannsche Messerholzschnitt gedacht, bei welchem eine auf den Stock aufgepreßte dünne Holzdecke an den weißbleibenden Stellen mit dem Messer durchtrennt und abgehoben wird.
Literatur: Rouget, J.M., Anleitung zur Holzschneidekunst, Ulm 1855; Hering, A., Anleitung zur Holzschneidekunst, Leipzig 1873; Hoffmann, H. (M. Krause), Der Messerholzschnitt, Berlin 1890; Unger, A.W., Die Herstellung von Büchern, Illustrationen u.s.w., Halle a. S. 1906; Linton, Wood engraving, London 1884.
A.W. Unger.