[59] Kandia (Kreta), sonst Kreta, von welchem Homer singt: »ein Land in der Mitte des dunkeln Meeres, anmuthig, fruchtbar und ringsumwoget, von unzähligen Menschen in 90 Städten bewohnt,« ist die südlichste Insel Europa's im mittelländischen Meere, in der Nahe von Morea, trägt auf ihren Schultern den Ida (s. d.) und hat 190 Quadrat M. ebnes Land. So wenig man den Boden üppig und wuchernd nennen kann, so ist er doch fruchtbar und erzeugt Wein, Oel, Honig, Mandeln, Seide, Nüsse, Kastanien und Johannisbrod. Das Klima ist dem von Neapel und Spanien gleich, nur die Gipfel der Berge, wiewohl selten mit Schnee bedeckt, sind während des Winters rauh. Die 300,000 Ew., größtentheils Griechen, sind ein kräftiger Menschenschlag, leben vom Anbau des Landes, Handel, Schifffahrt und Fischerei. Die Hauptstadt, Kandia, hat 15,000 Ew., ist der Sitz der Regierung und des griechischen Erzbischofs, und trägt nur wenig Spuren noch von der glänzenden Herrschaft der Venetianer, welche sie 1201 den griechischen Kaisern abkauften und später nach einer 13jährigen Belagerung nebst der ganzen Insel den Türken überlassen mußten. Von den alten berühmten Städten Knossus und Gortyne sind nur noch Ruinen übrig, und in der Nahe von beiden das berühmte Labyrinth.
*
DamenConvLex-1834: Kreta