[101] Schirin, die reizende Heldin der romantischen Poesie des Orients, das Ideal weiblicher Vollkommenheit in Schmerz und Liebe, im Widerstreite der Treue und Leidenschaft, duldend wie Genoveva[101] zärtlich wie Heloise, muthig und entsagend gleich einer Johanna d'Arc. Sie war die Gemahlin des berühmten Chosru, der vom Ende des 6. Jahrhunderts an Persien beherrschte, und wurde bis zur Raserei von dem gefühlvollen Bildhauer Ferhad geliebt. Der Kampf der süßen Leidenschaft in dem gequälten Busen der keuschen Gattin und heimlich Liebenden, die Würde und das liebende Zutrauen des Königs, und gegenüber den in unseligem Liebeszauber zärtlich verschmachtenden Ferhad, dieß ist der poetische Stoff, der von den größten Sängern des Orients zu dem reizendsten Gemälde von Rosen und Nachtigallklagen, von Zähren und Liebeslippen ausgesponnen wurde. Später fällt Chosru von der Hand seines Sohnes; Schirin wird vor den Vatermörder Schiruä geschleppt, der durch ihre Schönheit entwaffnet, ihr seine Hand bietet. Sie nimmt sie scheinbar an, gibt sich aber selbst den Tod am Grabe ihres geliebten Gemahls. So glänzt »Chosru und Schirin« als eins der sieben treuen Liebespaare des Morgenlandes mit magischem Schimmer in der persischen Sagen- und Liederwelt.
r.