[196] Seidelmann, Karl. Dieser im komischen, wie im tragischen Fache gleich ausgezeichnete deutsche Mime hätte bei der nächtlichen [196] Lectüre dramatischer Werke in seinen Knabenjahren einmal im Rausche der Begeisterung beinahe das väterliche Haus in Brand gesteckt: kein Wunder, daß er mitten unter seinen Vorarbeiten zum Rechtsstudium, für welches er von seinen Eltern bestimmt worden war, immer heimlich zu der Kunst hingezogen wurde. Am 24. April 1795 zu Glatz in Schlesien geb., trat er 1813 mit in die Reihen der freiwilligen Kämpfer gegen Frankreich. Das Großartige, welches selbst der Traum der Freiheit hat, führte den für das Große und Erhabene glühenden Jüngling später aus der kleinen, unbefriedigenden Wirklichkeit in das träumerische Reich der freien Kunst. Er betrat zuerst die Bühne auf dem Familientheater des dei Glatz wohnenden Grafen von Herberstein, verlebte dann die Schmerzenperiode seiner künstlerischen Wehen an den Theatern zu Breslau, Grätz und Olmütz, und nahm erst in Prag eine festere Stellung ein, von der er sich in wenigen Jahren, unterstützt durch das Air eines feingebildeten Weltmannes, auf eine der höchsten Stufen der Kunst erhob. Einige Zeit glänzte er in Kassel und Darmstadt; seit 1829 ist er bei dem Hoftheater in Stuttgart auf Lebenszeit engagirt und hat zugleich daselbst die Geschäfte des Regisseurs beim Schauspiele übernommen.
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DamenConvLex-1834: Seidelmann, Apollonia