Breslau

[184] Breslau, Hauptstadt von Preußisch Schlesien, 3. Residenz des Königs, liegt von dem Flüßchen Ohlau mehrfach durchzogen, an beiden Ufern der Oder, in ebener, mitunter sumpfiger Gegend. Die Stadt selbst (Alt- und Neustadt) bildet am linken Ufer der Oder eine vollkommene Insel, rings um sie her ziehen sich die Ohlauer-, Schweidnitzer- und Nicolaivorstadt; am rechten Ufer die Sand-, Oder- und Neuscheltuig-Vorstädte. 93,100 Einwohner bevölkern die jetzt heitre, reinliche und täglich sich verschönernde Stadt. Hauptplätze sind der Neumarkt; der Ring mit dem schönen[184] alten Rathhaus; der Blücherplatz (früher Salzring) mit dem ehernen Standbild Blücher's und der neuen schönen Börse; der Tauenzienplatz mit dem Denkmal des Generals Tauenzien; der Domplatz mit der herrlichen uralten Domkirche. Den Platz der Festungswerke und Thore nimmt jetzt die reizendste Promenade Deutschlands ein, deren hohe Taschen- und Ziegelbastionen herrliche Aussichten bieten. Die 1702 gestiftete und 1811 mit der Frankfurter vereinigte Universität zählt ungefähr 11–1500 Studenten. Breslau hat außerdem Vereine für vaterländische Cultur, Geschichte, Kunst, Literatur, Gewerbe und zahlreiche milde Stiftungen. Hier ist der größte europäische Wollmarkt und großer Getreide- und Leinwandhandel nebst den Fabriken und Manufakturen in Zucker, Tabak, Seiden-, Wollen-, Baumwollenwaaren, Cichorien, Eisen etc. beleben die Stadt. Reicher an Vergnügungsörtern ist selten eine Stadt; die besuchtesten sind: der Zwingergarten, (geschlossene Gesellschaft) Lindenruh, der Tempelgarten, Liebich's, Weiß's, Schreiner's, Henke's Kaffeegarten, die Sonne, der Kronprinz von Preußen etc. Ueberall herrscht die Eigenthümlichkeit, daß die Gäste Kaffee, Zucker etc. selbst mitbringen und nur Kochgeld bezahlen. Lieblingsplätze der Umgebung sind: Grüneiche, die köstliche Marienau, (Morgenau) Rothkretscham, Kleinburg, Höschen, Pöpelwitz, Rosenthal, Treschen mit der berühmten Eiche und Aswitz mit seiner Schwedenschanze und Kapelle. Der zahlreiche Adel, die vielen Militäre, Beamten und Kaufleute athmen viel wienerischen Geist des Vergnügens und bilden ein reiches, buntes, geselliges Leben. Die herrlichen Promenaden rings um die Stadt sind das tägliche Rendezvous der schönen Welt und die Boulevards Breslau's.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 184-185.
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