Sulioten

[475] Sulioten, die Flibustier des festen Landes, welche Räuber und Helden zugleich aus den Klüften des Gebirgszugs Suli im Sandschak Janina in Albanien in geflügelten Schwärmen hervorbrachen, um flüchtig die flüchtige Beute zu haschen, und zugleich mit heldenmüthiger Aufopferung für Freiheit und Heimath kämpften. Denn als die Türkengeißel, der Pascha Ali von Janina, nach einer fast übermenschlichen Gegenwehr sie fast ganz aufgerieben und selbst ihren letzten Zufluchtsort, den von mehreren Thürmen vertheidigten Berggipfel Tripa, eine wahre Feste des Heimwehs, umzingelt hatte, stürzten sich viele derselben, und selbst Frauen und Kinder, mit kalter Entschlossenheit gen Osten, wo die Sonne aufersteht, in die Tiefen des abgeschlossenen Felsengrundes, um die angeborene Freiheit gegen Ali's Sclavenscepter zu bewahren, und ein freies Grab zu finden im Lande der Tyrannei: – nur einige Wenige flüchteten nach den ionischen Inseln (1803). Später ließ ihnen Ali wieder Schutz angedeihen und benutzte sie selbst zu einem Aufstande gegen den Sultan. Auf's Neue aber bedrängt und eng in ihre Felsen eingeschlossen, mußten sie am 4. Sept. 1822 den Türken Suli übergeben: – und wie vie Flibustier, wenn sie mit[475] ihrem Schiffe auch ihre Heimath verloren, nicht wußten, wo sie ihr Haupt hinlegten, und sehnsüchtig nach den hohen Wellenthürmen starrten, mit der stolzen Flagge der Gefahr, so zerstreuten sich auch die S. nun einsam in die einsamsten Gebirge, oder flohen nach Kephalonia, um sich fortan im Heimweh zu verzehren nach den hohen Felsenthürmen von Suli, wo ihnen der Donner des Gebirgs das erste Wiegenlied der Freiheit gesungen.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 475-476.
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