[216] Tulpe, gesnerische, zu den Coronarien gezählt, ist unter allen jetzt bekannten Tulpenarten die schönste, und daher in jedem Blumengarten zu finden. Durch Kultur und wechselseitige Befruchtung sind sehr viele Ab- und Spielarten entstanden, die von den Blumisten nach Gestalt, Farbe und Zeichnung ihrer Blumen in verschiedene Klassen und Ordnungen eingetheilt werden. Man könnte die Tulpe das Sinnbild der stummen Schönheit nennen, da sie nur durch ihren Anblick ergötzt, und bei dem prächtigsten Farbenglanz keinen anderen Sinn, als das Auge berührt. Sie verdankt ihren Namen Tulipane (türkischer Hut oder Turban bedeutend) den Türken, die gerade auf dieses Gewächs besondere Sorgfalt verwenden. In der Mitte des 16. Jahrhunderts ward sie bei uns in Deutschland bekannt, und ein Gelehrter, Namens Gesner, lieferte zuerst eine botanische Beschreibung von ihr, weßhalb man sie denn auch tulipa gesneriana taufte. Anfänglich kannte man nur die einfarbige gelbe Sorte; doch sehr bald ward die Leichtigkeit bemerkt, mit welcher die Farben zu verändern, und so entstanden Tausende von Abänderungen. Die industriösen Niederländer besonders brachten[216] durch Fleiß und Geschicklichkeit vorzüglich schöne Varietäten hervor und verkauften sie zu unglaublich hohen Preisen, ja, im Jahre 1634 nahm der Tulpenhandel eine ganz eigenthümliche Wendung und artete in ein ordentliches Glücksspiel aus, bis er 1673 wieder durch obrigkeitliche Verordnung in seine früheren Schranken zurückgebracht wurde. So wurde z. B. im Jahre 1606 ein Exemplar Viceroi für 2 Last Weizen, 4 Last Roggen, 4 fette Ochsen, 8 fette Schweine, 12 fette Schafe, 2 Oxthost Wein, 4 Tonnen Bier, 2 Tonnen Butter, 1000 Ps. Käse, ein vollständiges Bett, einen Anzug und einen silbernen Becher verhandelt. Ein Anderer gab für eine Zwiebel semper Augustus 4600 Gulden und eine Kutsche mit 2 Apfelschimmeln etc. Neuerdings wieder, im Jahre 1835, soll in Holland die Zwiebel einer neuen Tulpenart für 16,000 Gulden verkauft worden sein. Blumensprache: Gefallsucht und Prahlerei.
L. M.