[290] Glasmalerei. Die Kunst der Glasbereitung wurde im Altertum schon in umfassender Weise betrieben,[290] zunächst zur Verfertigung von kleinen Gegenständen, Gefässen, Schmucksachen u. dgl. Doch verstanden sich schon die Römer auch auf die Fertigung von Tafelglas, das sie neben dekorativen Zwecken auch zum Verschlusse der Fenster brauchten. In den wärmeren südlichen Gegenden war aber das Bedürfnis nach einer möglichst lichtreichen Befensterung geringer als in den nördlichen Ländern. Hier kam daher die Sitte, die Fenster mit Glas zu verschliessen, ohne Zweifel zeitiger auf. Im 5. Jahrhundert erhält eine zu Lyon erbaute Kirche Glasfenster; in St. Gallen waren im 9. Jahrhundert die Klosterkirche und die Schreibstube mit durchsichtigen Glasfenstern versehen und wird ein Glasmacher Stracholfus erwähnt. Da man in dieser Zeit das Glas nur in kleinen Stücken zu bereiten verstand, so konnte der Verschluss einer grösseren Öffnung nur aus einzelnen Partikeln zusammengesetzt werden; farbloses Glas war seltener und schwerer zu beschaffen als das farbige, und man muss sich darum den gläsernen Fensterverschluss der ältesten Kirchen von vornherein buntfarbig vorstellen. Diese Umstände führten von selbst darauf, dass man die ungleichen bunten Glasteile nicht regellos nebeneinander fügte, sondern dieselben nach ihren verschiedenen Farben und Formen zum harmonischen Spiele zu vereinigen trachtete, zu Mustern ähnlich denen, welche die Mosaiken an Wänden und Fussböden zeigten.
Zur eigentlichen Glasmalerei bedurfte es aber der Vereinigung zweier Farben auf einem und demselben Stücke, der Erfindung einer Schmelzfarbe, die sich im Feuer durch einen chemischen Prozess mit dem Lokalton verband. Gestützt auf ein Schreiben des Abtes Gozbert von Tegernsee (9821001), in welchem dieser dem Grafen Arnold für die Fenster dankt, mit denen durch sein Zuthun die Klosterkirche geschmückt worden sei, sodass jetzt die Sonne durch das bunte Glas von Gemälden scheine, pflegte man früher den Ruhm dieser Erfindung Deutschland zuzuschreiben, um so mehr, als bald nachher in Tegernsee einer Glashütte gedacht wird, die für auswärtige Besteller Arbeiten lieferte. Ob das nun aber wirkliche Glasgemälde waren oder bloss nach Art der Mosaiken aus einfarbigen Stücken zusammengesetzte Muster, lässt sich nach dem allgemeinen Ausdrucke des Briefstellers, per discolaria picturarum vitra, nicht mehr bestimmen. Dagegen spricht eine andere Nachricht aus derselben Zeit unzweideutig von Glasgemälden, dass nämlich der neugewählte Erzbischof Adalbert von Rheims (gest. 989) seine Kathedrale mit Fenstern habe schmücken lassen, auf denen verschiedene Geschichten gemalt waren. Da nun ausserdem etwas später als geschickter Glasmaler Rogerus von Rheims erwähnt wird, in Frankreich die ältesten Werke dieser Technik erhalten sind und der Presbyter Theophilus aus dem 12. Jahrhundert, ein Deutscher, in seinem Werke Schedula diversarum artium, worin der Glasmalerei ein besonderes Buch gewidmet ist, die besondere Fertigkeit der Franzosen in der Glasmalerei hervorhebt, so ist sehr wahrscheinlich, dass die Glasmalerei in Frankreich und nicht in Deutschland erfunden und zuerst ausgebildet worden ist. Ihr Hauptsitz war die Normandie und die Umgegend von Paris. Die ältesten bekannten Fenster des 12. Jahrhunderts waren die, welche Graf Foulqués V. von Anjou und seine Gemahlin für die von ihnen 1121 erbaute Abtei Loroux bei Vernantes malen liess; sie enthielten die Bildnisse der Stifter zu den Füssen der heiligen Jungfrau und sind erst in diesem Jahrhundert zu Grunde gegangen. Die Zahl der in Frankreich aus dem 13. Jahrhundert erhaltenen Glasgemälde ist sehr gross. Die Kathedrale von[291] Bourges hat allein 183 gemalte Fenster. Von Frankreich drang die Kunst zuerst nach England, dann nach Deutschland, wo zwar nur die Glasgemälde im Dom zu Augsburg noch aus dem 12. Jahrhundert zu stammen scheinen; dem 18. Jahrhundert gehören die Chorfenster der im Jahre 1208 eingeweihten Kunibertskirche in Köln an. Von Deutschland aus scheint gegen die Mitte des 13. Jahrhunderts die Glasmalerei nach Italien verpflanzt worden zu sein; die ältesten in Italien gemalten Fenster sind diejenigen der Kirche S. Franzesko zu Assisi, von einem deutschen Meister Jacob verfertigt.
Die Technik der Glasmalerei war bis zum 11. Jahrhundert noch sehr einfach. Das Fenster wurde aus kleinen, farbigen Glasstücken zusammengesetzt, die man nach der Vorzeichnung zuschnitt, so dass die Umrisse durch Bleistreifen gebildet waren; die Malerei beschränkte sich auf Umrisse und Schattierungen mit einer schwarzen Farbe, die man aus Kupferasche mit einem Zusätze von grünem und blauem Glase bereitete. Das Einbrennen dieser Schmelzfarbe erfolgte in einem sehr unvollkommnen Ofen; Zeichnen, Glasschneiden, Malen, Brennen und Zusammensetzen der Fenster war gewöhnlich in der Hand eines Künstlers vereinigt.
Der Stil der Glasgemälde entwickelte sich in dieser Periode teils durch die Vervollkommnung der Glastechnik, teils durch die Beziehung zum Baustile. Die Verbesserung in der Technik bestand darin, dass die einzelnen Glasstücke allmählich grössere, gleichfarbige Flächen wurden und eine Unterbrechung durch Bleistreifen seltener eintrat und dass die Kombination der Farben sich ausbildete. In der ältesten Zeit herrschte ein dunkles, blaues Glas vor, Saphir genannt, mit dem man, gewöhnlich sehr unharmonisch, grün und gelb zusammenstellte; seit dem 13. Jahrhundert wird ein schönes rotes Glas vorwiegend. Auch das farblose Glas wurde jetzt häufiger und billiger als das gefärbte, und man verband nun nicht allein grosse rote und weisse Flächen, sondern man erfand die Grisaille, d.h. die grauweisse Malerei mit einer grauen oder schwarzen Farbe auf wasserhellem Glase; dieselbe wurde meist zu arabeskenartigen Mustern verwendet und bedeckte oft ganze Fenster; auch bediente man sich ihrer etwa zum Hintergrunde für farbige Bilder und Figuren. Besonders die Cisterzienser, deren Regel gemalte Fenster verbot, bedienten sich der Grisaille. In der Anordnung der Glasgemälde unterscheidet man den romanischen und den gotischen Stil.
Die Fenster romanischen Stiles enthielten Muster, die sich in der Regel in den durch die eisernen Querriegel des Fensters gebildeten Abteilungen wiederholten. Oft hatte ein Feld in der Mitte entweder eine Rosette, häufig mit fratzenhaften Tiergestalten, oder ein Schild mit einer historischen oder symbolischen Darstellung. Diese Schilder waren meist rund, auch viereckig mit kreisförmigen Ausbauchungen, seltener von der ovalen oder oben zugespitzten Mandel- oder Fischblasenform. Das ganze umgab eine Kante mit Arabesken von Blumen, Verschlingungen, Wappen u. dgl. gebildet. Ein solches Fenster erinnerte an die Teppiche, mit denen früher die Fenster verhängt wurden. Der Inhalt der Schilder war eine Erläuterung der Predigt oder bestimmt, der religiösen Betrachtung zu Hilfe zu kommen; eine bedeutende künstlerische Wirkung ging von diesen Fenstern noch nicht aus. In manchen Klosterkirchen war das ganze Gebiet der scholastischen Lehre: Geschichte, Theologie, Astronomie, Physik, Musik und Philosophie in den Schildern versinnlicht. Auch in spätern gotischen Bauwerken finden sich solche altertümliche Glasfenster, teils neben [292] Fenstern gotischen Stiles, teils absichtlich als Umgebung derselben, um das Mittelfenster um so glänzender hervortreten zu lassen.
Die Gotik forderte in noch weit höherm Masse zur Anwendung der Glasmalerei auf. In den ältern romanischen Kirchen hatte man Wände und Decken bemalt mit grossen, zusammenhängenden Bilderserien, die oft den ganzen Inhalt der biblischen Geschichten erschöpften. Als der gotische Stil die Wände so viel wie möglich durchbrach, den ganzen Bau in ein Gerüste von schlanken Stützen mit weiten Bögen und kühn gespannten Wölbungen auflöste, ging der malerische Schmuck von den Wänden und Decken auf die zahlreichen und grossen Fenster über, welches um so erwünschter war, als die Fülle des von überall herzuströmenden Lichtes notwendigerweise einer sanften Milderung bedurfte. Auch die Art der gotischen Fenstergliederung war für die Anbringung und stilistische Ausbildung der Glasgemälde eine besonders günstige. Der Raum zwischen den senkrechten Stäben, den Pfosten oder Sprossen gab die Flächen für die grössern figürlichen Darstellungen, während die Masswerke ebensosehr zur ornamentalen Ausstattung oder zur Anbringung erläuternden Beiwerkes geeignet waren.
Der Übergang zum gotischen Stile wird durch das Verdrängen der blauen Gründe durch Rot und durch die reichere Entwicklung der einzelnen Schilder vorbereitet. Das Teppichmuster wurde bloss noch als Hintergrund, dann als Bordüre beibehalten. An Stelle der Schilder treten einzelne grössere, sogar kolossale Figuren. Diese erscheinen zuerst in einzelnen grössern Feldern der Teppiche, dann selbständiger, zuweilen nur in dem untern Teile der Fenster, bald stehend, bald auf Thronen sitzend, unter Baldachinen oder in Stühlen, vor einem Hintergrunde, der oft einfarbig ist, oder den Sternenhimmel darstellt oder das Muster eines Teppichs enthält, der die Rückwand zu behängen scheint. Allmählich gehen die Baldachine in die Form der gotischen Tabernakelkrönungen mit einem spitzen Giebel und zwei schlanken Filialen über, sodass der Stil der Glasfenster sich jetzt in der vollkommensten Harmonie mit dem des gotischen Kirchbaues befindet. Unter den turmartigen Baldachinen prangten die kolossalen Gestalten der Propheten, Apostel, Evangelisten, Heiligen und Donatoren, besonders der Fürsten und Bischöfe; zuweilen baute man in einem Fenster mehrere Stockwerke von Tabernakeln übereinander auf oder vereinigte in anderer Weise Systeme von Baldachinen, Türmen und Filialen, die sich nach oben in das steinerne Masswerk verliefen. Die figurenreichen biblischen Geschichten und Heiligenlegenden verwies man in den untersten Teil der Fenster. Die Zusammenstellung der Farben wurde immer glänzender und im besondern die früher unbekannte rosenrote Fleischfarbe gewöhnlich durch farbloses Glas ersetzt. »Die Malerei war in den gotischen Kirchen von den immer mehr eingeschränkten Mauerwänden und von den mit sogenannten alten und jungen Diensten umgebenen Pfeilern gewichen und fast, auf die Fenster eingeschränkt, hier aber erschien sie in einem neuen und wundervollen, fast überirdischen Zauber und entsprach allen ästhetischen Anforderungen auf eine unübertreffliche Weise. In dem neuen Stile der gemalten Fenster war ganz und gar der geistige Gedanke, die Idee ausgesprochen, auf welcher die Entwicklung des Kirchenbaues zur gotischen Form beruhte. Wie der ganze gotische Bau mit seinen himmelanstrebenden Wölbungen, so erhoben diese Fenster den Blick und die Gedanken über das Irdische,[293] indem sie das Himmlische in seinem vollsten Glänze hereinströmen liessen, ohne dass sie das Auge verlockten, von dem, was da drinnen vorging, sich abzuwenden, um der Aussenwelt zu gedenken. Der Künstler dachte nicht mehr daran, durch den Inhalt seiner Darstellungen das Volk zu belehren, er wollte den Andächtigen die Anschauung des Himmelreichs und der Heiligen entgegenbringen, und sie in die Stimmung versetzen, dass sie den Schöpfer in seinen Werken preisen mussten. Aber noch in einer andern Hinsicht waren die Glasgemälde eine notwendige Ergänzung des gotischen Baustils. Die reichen Formen des letztern mit ihren zahllosen Einbuchten und Auskehlungen vertragen keine Beleuchtung durch ungedämpftes Sonnenlicht, und erst die farbigen Glastafeln gewährten dem Innern dieser Kirchen jene gemässigte, gleichförmige Erleuchtung, die allein diesem vielgliederigen Stile angemessen ist. Dazu kam noch, dass selbst die Unvollkommenheit der Technik eine der Grossartigkeit des Baustiles entsprechende Behandlung der Glasfarben mit sich brachte. Es war ebenso unmöglich, die Bleilinien mit der Feinheit und Weichheit zarter und gefälliger Umrisse zu führen, als den Farben eine vollendete malerische Ausführung zu geben. Dadurch aber war man zu einer Behandlungsweise genötigt, welche bei der Grösse und Höhe der Fenster und dem ernsten Inhalte des kirchlichen Bildwerkes diesem einen würdigen monumentalen und wahrhaft religiösen Charakter sicherte.« Unger.
Seit dem 14. Jahrh. fand ein bedeutender Umschwung in der Glasmalerei statt. Und zwar sind es in erster Linie die technischen Fortschritte, die eine Änderung des bisherigen Systems bedingten. Noch in der ersten Hälfte des 14. Jahrh. begnügte sich der Glasmaler mit einem mosaikartigen Gefüge einzelner Stücke, deren jedes in der Regel nicht mehr als zwei Farben, den Lokalton und das aufgebrannte Schwarzlot vereinigte: nur selten kam dazu eine zweite Auftragfarbe, das sogenannte Kunstgelb. Die letztere Farbe pflegte man erst nach der Mitte des 14. Jahrh. in umfangreicherem Masse zu verwenden. Dazu kommt die Erfindung des Überfangglases, das, erst nur rot, in der Weise bereitet wurde, dass man diese Farbe auf die weisse Glasplatte aufschmolz. Sie bildete so eine zweite Lage, die beliebig durch Ausschleifen entfernt werden konnte. Kam dann wieder der farblose Grund zum Vorschein, so konnte man mit Hilfe von Schwarzlot und Kunstgelb, vier Farben auf einer und derselben Platte vereinigen. Vermittelst des Kunstgelbes erzielte man auf blauem Glas Grün, das früher in besondere Partikel gefasst werden musste. So wurde dem Künstler ermöglicht, ganze Partien ohne die Anwendung der bleiernen Mittelstücke zu kolorieren und die Schattierung mit aller Ausführlichkeit zu behandeln.
In zweiter Linie war es die im 14. Jahrh. auf allen Gebieten der Kunst zur Herrschaft gelangte Hinneigung zum Realismus der Natur, was den Gang der Glasmalerei beeinflusste. Während aber bei der ältern Auffassung der Künstler, durch die Schranken der Technik seiner Kunst dazu bewogen, seine Gestalten und Szenerien in dekorativer Unterordnung mit teppichartiger Umgebung dargestellt hatte, trieben die beiden genannten Fortschritte der Technik und der künstlerischen Auffassung den Glasmaler in Gebiete, die ausser der Natur seines Stoffes und seiner Farben lagen. Infolge dessen verwilderte einmal die Komposition, indem sich der Künstler gezwungen sah, ausführlichere Szenen entweder in einem unverhältnismässig kleinen Massstabe herzustellen[294] oder dieselben in der Weise auszudehnen, dass sie ohne Rücksicht auf Inhalt und Formen durch die steinernen Pfosten geteilt und zerrissen wurden. Sodann litt unter diesem einseitigen Realismus die früher bestandene hohe Farbenharmonie, da die Farben jetzt nicht mehr wie früher, mit vorherrschender Rücksicht auf das Ganze gewählt werden konnten, sondern einseitig von der Natur des gewählten Gegenstandes abhingen.
In Zusammenhang damit steht die veränderte Stellung der Künstler und der gesellschaftlichen Zustände überhaupt. Noch im 13. Jahrh. hatte es Meister gegeben, welche die universellsten Kenntnisse besassen und in allen Richtungen der Kunst bewandert waren; das spätere Mittelalter spaltete infolge der erhöhten Anforderungen der vielseitigen Technik die Einheit des Kunstetriebes und wies dem einzelnen bloss noch einen beschränkten Wirkungskreis an; der einzelne aber wandte sich nunmehr kleineren selbständigen Arbeiten zu, die sich gleich den Tafelgemälden rasch und ohne den Aufwand allgemeiner Studien vollenden Hessen. Auch die Nachfrage kam solchen kleineren Arbeiten entgegen, und während die Glasmalerei bis zum 14. Jahrh. fast ausschliesslich im kirchlichen Dienste gestanden hatte, lässt sie sich jetzt ebensogern zu weltlichen Zwecken brauchen, zum Schmucke der Wohnhäuser und Profanbauten überhaupt. Daher erklärt sich auch, dass man seit dem 15. Jahrh. viel häufiger als früher den Namen von Glasmalern begegnet. Besonders die Vorliebe für heraldische Zierden gab zu profanen Schildereien Anstoss. Hatten schon früher einzelne Donatoren ihre Wappen in die Glasfenster anbringen lassen, so wollten jetzt immer häufiger einzelne Korporationen, Zünfte, Bruderschaften, hervorragende Familien ihre Teilnahme an den grossen kirchlichen Bauten durch die Stiftung eigener Kapellen bezeugen, an denen man, zum Ärger der Geistlichkeit, heraldische Zierden anbrachte. Endlich verlangte seit dem 15. Jahrh. auch das bürgerliche Wohnhaus sein gemaltes Fenster, sodass dieses bald in Rathäusern, Zunftsälen, Schützenhäusern, Schlössern und bürgerlichen Wohnungen ein allgemein üblicher Schmuck wurde. Nur ausnahmsweise wurden mehrere solcher Glasfenster zu Cyklen ausgearbeitet; doch war von einem einheitlichen Charakter derselben kaum zu sprechen. Der gewöhnliche Inhalt der gemalten Wappenscheiben besteht aus einer einfachen Zusammenstellung von Wappen und Einzelfiguren, welch' letztere entweder mit persönlicher Beziehung auf die Person des Stifters dessen Schutzheiligen, oder, neben den Wappen von Städten und Ständen, deren Herolde und Fahnenträger darstellen. Auch Wappentiere, wilde Männer und Waldfräulein vertraten zuweilen die Stelle der Schildhalter, oder eine Dame, die in graziöser Stellung und pomphaft gekleidet das Kleinod oder die Helmzierde umfasst. Alle diese Darstellungen heben sich von einem bunten, grau oder schwarz geflammten Damaste ab. Das Ganze umrahmt, bald weiss, bald violett oder gelb, eine stichbogige Architektur, von Pfeilern, Säulen oder knorrigen Stämmen getragen, umrankt von Blattornamenten, welche die oberen Zwickel füllen, oder es tritt an die Stelle dieser Ornamente eine Jagd- oder Kampfszene, die grau in grau mit gelber Auftragfarbe gemalt ist.
In dieser Zeit kam es nur noch ausnahmsweise vor, dass der Glasmaler seine Entwürfe selber zeichnete oder »visierte«; die. Regel wurde, dass der eine die Visierung machte, der andere sie in Glas ausführte. Auch Ölgemälde und Holzschnitte wurden auf Glas kopiert, wobei es[295] als Glücksfall zu betrachten ist, wenn die Wahl auf Bilder fiel, die sich vermöge ihrer Zusammensetzung aus wenigen Figuren für solche Übertragung eigneten, wie z.B. die Holzschnitte der Biblia Pauperum.
Das Überhandnehmen der Renaissance und des Protestantismus förderten den Verfall der Glasmalerei, nachdem dieselbe schon durch Ausserachtlassen ihrer natürlichen Bedingungen und Grenzen von ihrer einstigen Höhe herabgesunken war. In den Niederlanden, wo die Glasmalerei unter dem Einflusse der Rubens'schen Malerschule noch einmal zu einer Art Blüte kam, galt diese Kunst in der Mitte des 17. Jahrh. als erloschen. In Böhmen war schon 1617 kein Glasmaler mehr. Beschädigte Fenster flickte man mit weissem Glase oder reduzierte die Gemälde. Dagegen kam im 17. Jahrh. eine Malerei hinter Glas auf, die als Möbel- oder Wanddekoration verwandt wurde. Rahn, Bildende Künste in der Schweiz. Unger in Ersch und Gruber, Artikel Glasmalerei. Bucher, Geschichte der technischen Künste. Wackernagel, Die deutsche Glasmalerei.
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