Einsiedeln

[521] Einsiedeln, Marktflecken in einem rauhen Bergthale des Kantons Schwyz, an der Sihl, Geburtsort des Theophrastus Paracelsus, hat mit den Filialen 7000 E., 78 Wirthshäuser u. Schenken, 3 Buchdruckereien, mehrere Lithographien, Verfertigung von thönernen Heiligenbildern, Betnustern etc. – E., Benedictinerabtei u. Wallfahrtskirche, liegt im Hintergrunde des Fleckens E. 1570' über dem Vierwaldstättersee, an der Stelle im ehemaligen Finsterwald, wo der hl. Meinrad 861 ermordet wurde. Eine Urenkelin Karls d. Gr., Hildegarde, hatte ihm eine Kapelle gebaut und das noch vorhandene Gnadenbild Mariä geschenkt. Die Straßburger Domherrn Benno und Eberhard wurden 934 die Stifter des Klosters, welches 948 Kaiser Otto mit allen Rechten einer Abtei ausstattete. Im gleichen Jahre hinderte ein wunderbares Ereigniß die Einsegnung der Kirche, veranlaßte die Stiftung des Jahresfestes der sog. Engelweihe am 14. Septbr. und das Aufblühen der Wallfahrt. Kaiser u. Adelige beschenkten E. reichlich und die ersten Aebte waren sehr hoher Abkunft. Unter Gero (1001–1022) bekam das Kloster wegen den Gränzmarken einen Streit mit den Landleuten der Umgegend, der erst 1350 geschlichtet wurde. Unter dem 18. Abte, Ulrich II. (1266–1277), feierte E. seinen höchsten Glanz; der Abt wurde Reichsfürst und konnte alle 6 Hofämter mit Reichsfreien besetzen. Der 34. Abt, Konrad III., ließ 1481–1526 das Kloster sehr sinken (Zwingli als Leutpriester nach E. berufen, Theobald von Geroldseck sein Gesinnungs- u. Schicksalsgenosse), aber Ludwig II., Blarer, verbesserte 1526 bis 44 den Schaden und nur die scharfsichtige Festigkeit des Abtes Joachim Eichhorn (1544–69) verhinderte, daß E. nicht zum Bischofssitz der Waldstätte wurde. Unter Augustin I. (1600–29), dem Stifter der schweizerischen Benedictiner-Congregation, schrieb Christoph Hartmann die trefflichen: »Annales Heremi Deiparae Matris«, Freiburg i. Br. 1612; Augustin II., ein Reding (1670 bis 92), gründete das Gymnasium zu Bellinzona (1852 aufgehoben); sein Bruder hinterließ 12 Folianten und 25 Quartanten über die Geschichte der schweizer. Eidgenossenschaft. Nachdem E. mehrmals abgebrannt, bauten Maurus Roll und dessen 2 Nachfolger seit 1704 die großen Prachtgebäude (das Hauptgebäude ist 480' lang und 416' breit) wie sie heute dastehen. Abt Beat Küttel (1780–1808) mußte mit den Religiosen, welche das Gnadenbild mitnahmen, vor der Revolution fliehen. Konrad Tanner, Abt von 1808–25, sollte 1808 abermals Bischof der Waldstätte werden und lehnte es entschieden ab. E. steht exemt unter Rom und ist unter den Abteien der Schweiz das einzige Consistorialstift, d.h. sein Abt wird vom hl. Vater im öffentlichen Consistorium präconisirt. Seit 1846 leitet es Heinrich IV., Schmid, der sich besonders die Schulanstalten angelegen sein läßt (1853 mit 150 Zöglingen, gegenwärtig nahe 200) u. ein Filialkloster in Amerika gründete. Er ist der 50. Abt von E., welches 185362 Patres, im Ganzen 81 Mitglieder zählte, unter denen Meinrad Kälin, Athanasius Tschopp, Gall Morell, Georg Ulber, der Braunschweiger Brandes u.a. sich als Lehrer oder Schriftsteller auszeichneten. E. hatte viele Schriftsteller (darunter Albrecht von Bonstetten, der die früheste Beschreibung der Schweiz u. eine österreich. Geschichte lieferte u.a.), besitzt trotz der vielen Feuersbrünste noch wichtige Handschriften, eine Hauptbibliothek von 26000 Bänden, namentlich reich an Geschichtswerken, Mineraliencabinet, Sammlung physikalischer Instrumente. Noch immer ziehen jährlich über 200000 Pilger nach E.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 521.
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