Fallmerayer

[660] Fallmerayer, Philipp Jakob, geb. 1791 zu Tschötsch bei Brixen, studierte in drückenden Verhältnissen in Salzburg Theologie, hierauf in Landshut die Rechtswissenschaft, machte als bayer. Lieutnant die Feldzüge von 1813–15 mit, nahm 1818 seinen Abschied, erhielt eine Lycealprofessur in Augsburg, 1826 in Landshut. Von 1831–34 bereiste er mit dem russ. General Ostermann Aegypten, Nubien, Palästina, Syrien, Griechenland u. die Türkei, wurde 1835 Mitglied der Akademie d. Wissenschaften in München, verweilte hierauf abwechselnd in Genf, Italien und dem südl. Frankreich, reiste 1840 in den Pontus, besuchte den Athos, Thessalien, Athen etc., wanderte hierauf 1847–48 nach Kleinasien, Syrien u. Palästina, wurde 1848 Prof. in München u. Abgeordneter in Frankfurt. Er hielt bei der Linken aus bis zur Sprengung des Rumpfparlaments in Stuttgart, verlor deßwegen seine Professur u. exilirte in die Schweiz, kehrte jedoch bereits 1850 nach München zurück. Seine bedeutendsten histor. Arbeiten sind: »Geschichte der Halbinsel Morea im Mittelalter« Stuttg. 1830 bis 36, in welcher er unwiderleglich bewies, daß der weitaus größere Theil der [660] heutigen Bewohner Griechenlands nicht hellen. sondern slav. Abkunft ist; »Geschichte des Kaiserthums Trapezunt« München 1831; »Denkschrift über Golgatha u. das hl. Grab« München 1852. Dem deutschen Publikum ist er aber am bekanntesten durch seine »Fragmente aus dem Orient« Stuttg. 1845, und einzelne Berichte aus der letzten Reise in die Levante; F. zeigt sich darin als stylist. Meister, einzelne seiner landschaftl. Schilderungen, Reiseskizzen etc. suchen Ihresgleichen in der deutschen Literatur, indem F. ein reiches, vielseitiges Wissen und eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe neben einem kräftigen Humor zu Gebote stehen. Schade, daß dieser öfters einen galligen Beigeschmack erhält, sowie daß F.s Abneigung gegen die Kirche ihn zu manchem schiefen Urtheil u. selbst zur gehässigen persönlichen Anfeindung gegen verdiente Theologen und Historiker verleitet hat.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 660-661.
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