Gemischte Ehen

[45] Gemischte Ehen, nennt man solche zwischen Personen verschiedenen Glaubensbekenntnisses, im engern Sinn zwischen Katholiken u. nichtkathol. Christen. Der Gedanke, daß zwischen Gatten eine so innige Lebensgemeinschaft wie zwischen Christus und der Kirche bestehen müsse, trieb sehr frühe zu Verboten der Ehe zwischen Christen u. Heiden sowie zwischen Christen und Juden. Aus der Verwerfung der Ehe mit Ketzern durch die trullanische Synode von Konstantinopel (672) entwickelte sich die heutige Praxis der griech. Kirche. In Rußland sind seit Peter d. G. gemischte Ehen erlaubt, aber die Kinder müssen in der griech. Religion erzogen werden und Glaubensänderungen werden schwer bestraft. In Polen wirkte Rußland 1768 für die g. E., doch 1832 u. 34 zwang es trotz aller früher übernommenen Verpflichtungen den Katholiken Polens seine strenge Praxis auf. Im Abendland wurden während der Völkerwanderung g. E. für die wehrlose Kirche oft sehr vor theilhaft, im Mittelalter führte die in Südfrankreich und Spanien herrschende Strenge gegen Ehen mit Juden zur Nichtigkeitserklärung jeder Ehe mit Ungläubigen. Seit dem 16. Jahrh. wurde die Frage der g. n E. um so schwieriger, weil das Tridentinerconcil die sog. heimliche Ehe verbot, die allmälig einreißende religiöse Gleichgiltigkeit zum Abschluß von g. n E. trieb u. diese Schutz durch die Staatsgewalt fanden. Die Kirche kann u. wird g. E. niemals billigen, aber sie duldet dieselben, insofern keine Gefahr des Abfalles u. die Zusicherung kathol. Kindererziehung vorhanden ist und anerkennt sie als rechtsgiltig, insofern sie gemäß den Bestimmungen des Tridentinerconciles geschlossen werden.[45] Anfangs war durchaus päpstliche Dispens für g. E. erforderlich, der westfäl. Friede gab in protestant. Ländern dem Landesherrn die letzte Entscheidung, im allgemeinen galt, daß über Kindererziehung rechtsgiltige Ehepacten abgeschlossen werden dürften. In paritätischen Staaten besonders rief die polit. Gesetzgebung Verwirrung in Sachen der g. n E. hervor, Papst Pius VI., Pius VIII. und Gregor XVI. gaben nur das durchaus Unvermeidliche zu, der Streit wegen der g. n E. führte die bekannten Kölnerwirren herbei. Während in Spanien und Italien wie in Schweden g. E. noch heute verboten sind, kamen in paritätischen Staaten lange vor 1848 auch Ehen zwischen Protestanten und Juden vor und gegenwärtig sind die Verhältnisse durch Verträge in den einzelnen Staaten mehr oder minder befriedigend geordnet.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 45-46.
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